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Brief (Transkript)

Charlotte M. aus Göttingen an Friedel H. nach Gotha am 13.12.1989

 

Göttingen, 13.12.1989

Liebe Friedel!
Vielen Dank für Deinen Brief vom 26.11. und für Deine Briefkarte vom 3.12.1989. Mit getrennter Post schicke ich Dir wieder ein kleines Paket mit Kleinigkeiten. Es ist mir doch wichtig, wann und ob alles angekommen ist.
Ich selbst hätte den Wunsch, daß Du Dich mal erkundigst, ob die Sternwarte auf dem Seeberg und die am Galbergsweg zugänglich ist. Nicht die Gastwirtschaften, was natürlich auch interessant wäre. Ist ein Dr. S. in diesem Zusammenhang bekannt? Er sollte einen Vortrag halten innerhalb einer Vortragsreihe des Göttinger Geschichtsvereins.
Auf anderen Ebenen ist viel geschehen und es ist so, m.E., wie 1945. Nun wird es Euch ja auch bald möglich sein, daß Ihr mit Eurem Geld die Welt ansehen könnt, obwohl es Euch in Devisen noch abgezählt wird. Hier in Göttingen, die ja als nahe „Grenzstadt“ zu sehen ist, habe ich alles genau verfolgt und wir hier freuen uns alle für Euch über die Freizügigkeit des Reisens, was ja auch bald für alle Bürger der Bundesrepublik Deutschland möglich ist. Es ist ein großer Bedarf da, die Deutsche Demokratische Republik nach der Wende kennenzulernen, doch die Hotelkapazitäten sind ja leider sehr begrenzt. Mit Joint Venture wird sich auch das entwickeln, wichtig ist, daß dort die Produktivität gesteigert wird und die Engpässe mit unserer Hilfe beseitigt werden. Auch diese Durststrecke muß geschafft werden. Gewußt wie ist wichtig und Erfahrungen sollten ausgetauscht werden ohne daß eine Besserwisserei sichtbar wird. Eurer40 jähriger Informationsmangel kann natürlich nicht über Nacht alles beheben. Freie Wahlen, vorher eine Profilierung der neuen Parteien eine moderate Regierung sollten es möglich machen, eine Staatszwischenform dem Kapitalismus und dem Kommunismus, ähnlich ggf wie Schweden, zu schaffen. Der Kleingeist Eurer Genossen, Korruption und Schlimmeres – nun das gibt es überall, man muß damit leben. Frappierend ist nur im Fall DDR, daß dem Volk verboten wurde, was den Genossen intern erlaubt war.
Vor Weihnachten komme ich nicht nach Gotha.
Ich wünsche Dir besinnliche Feiertage.

Herzliche Grüße
Charlotte

P.S. Betreffs Deiner Gedanken, wieder zu arbeiten: Dazu würde ich eigentlich nicht raten.
Vielmehr wären doch Deine kommunalpolitischen Erfahrungen wichtig, die Du beratend einbringen könntest.
Eine Check-Liste, was z.B. in den Kurorten noch verbessert werden könnte, z.B. Bettenkapazitäten, Ausstattung der Privatquartiere, usw. Neubauten architektonisch der Landschaft angepaßt - da würde ich an Deiner Stelle mal die Phantasie walten lassen. Public relation = Werbung.!

Du schreibst u.a. auch, daß bei Dieter und Hannas Besuch Dinge unbeantwortet im Raum stehengeblieben sind. Das kann ich natürlich nicht nachvollziehen, aber es müßte festgestellt werde, was Du ggf damit meinst. Natürlich weiß ich auch aus meinen Erfahrungen, daß manches Thema, was die nähere und weitere Sippe M. angeht, brisant ist und genau die Leute eben nicht in der Lage sind, souverän dazuzustehen. Aber das ist nun nicht zu ändern, damit muß man leben.

Hast Du eigentlich mal mit dem Lesen des Taschenbuchs begonnen?

 

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