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Brief (Transkript)

Walter Neuser an seine Eltern am 1.12.1940 (3.2002.0947)

 

1.XII.40



Liebe Mutti!

Es ist Sonntagnachmittag ½ 3 Uhr. Ich will rasch den Brief beginnen, denn um 4 Uhr will ich schon wieder an einer WHW-Varieté-Vorstellung teilnehmen in der Stadt. Post war für mich gestern nichts dabei. Dafür kam aber heute Dein Brief v. 27., das Kreisblatt und eine N.I.Z. Illustrierte an. Deswegen will ich jetzt sofort den Brief für Dich beginnen, damit Du wieder schnellstens Antwort bekommst. Den letzten Brief habe ich am Donnerstagabend geschrieben und Freitagfrüh eingesteckt. Freitagvormittag blieb ich bis ¼ 12 Uhr im Stall, während die Anderen draußen waren. Mir war das auch ganz recht, denn der Winter macht sich schon bemerkbar. Von ½ 12 - ½ 1 Uhr und 2 - 5 Uhr hatte ich dann Außendienst und war nach dieser Zeit richtig durchgefroren. Am Abend erhielt ich an Post das Kreisblatt und die Blner Illustrierte. Die Abendstunden habe ich benutzt für einen Brief an den Ruderklub als Dank für das Päckchen vom 23. d. Mts.. Sonnabendvormittag hatte ich eine Stunde Geländereiten mit 10 Rekruten. Das macht Spaß, denn man ist nicht so gebunden wie bei den Übungen oder beim Bahnreiten. Von 14 - 15 Uhr folgte dann Reiten beim Chef in der Reitbahn. Die ganze Stunde ging es ohne Zügel. Das hat noch mal Schweiß gekostet. Bis 16 Uhr folgten dann Stalldienst mit anschließendem Dienstschluß. Den Wein haben wir auch noch in Empfang nehmen können; ganz große Sache. Um ½ 7 Uhr kam der Futtermeister auf die Stube und wollte absolut Kartenspielen. Also verging die Zeit bis ½ 11 Uhr mit Kartenspielen. Anschließend habe ich noch meine Stiefel gewienert, sodaß ich endlich um ¾ 12 Uhr ins Bett kam. Heute früh war wieder um 6 Uhr Wecken. Von 7 - 9 Uhr hatten wir dann unsere volle Beschäftigung im Stall. Um ¾ 10 Uhr folgte Antreten, und um 10 Uhr ging es zur Kinovorstellung „II.Teil Feldzug im Westen“. Das dauerte allerdings bis ¾ 1 Uhr, war aber ganz interessant. Um ½ 2 Uhr konnte man dann endlich zum Essen gehen. Es gab Schweinebraten. Also schlecht geht es uns nicht. Nun Schluß; ich muß mich fertigmachen für den Nachmittag. - Ich bin gerade zurückgekommen. Es geht auf Mitternacht. Draußen ist es sündhaft kalt; wir schätzen auf 10 Grad Kälte. Das WHW-Konzert mit seinen unzähligen Einlagen dauerte bis ¾ 7 Uhr an. Es war ganz groß. Hinterher waren wir dann noch im „Prß. Hof“, wo eine Militärkapelle spielte. Gegen 10 Uhr sind wir aber schon wieder aufgebrochen, weil wir müde waren und Angst vor dem Nachtfrost hatten. Deinen Brief behandele ich in meinem nächsten Brief.

Alles Gute, viele Grüße, Euer Walter.

 

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