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Brief (Transkript)

Hans Simon an seine Eltern am 07.07.1940 (3.2002.1288)

 

7.VII.1940



Liebe Eltern!

Mir geht es gut. Wir liegen noch immer hier in Ruhe. Leider ist das Wetter in den letzten Tagen nicht so besonders. Mich freut es, daß Tuttichen nun bei Euch ist. So habt Ihr es eben bißchen leichter. Hoffentlich werdet Ihr nicht noch zu guter Letzt von Fliegern besucht. Laßt alles stehen und liegen und hinein in den Keller. Das ist das Beste, wenn die Flieger kommen. Wahrscheinlich werden wir hier bleiben. Hoffentlich ist der Rummel mit England bald beendet. Einerseits ist es furchtbar, das Ganze, was man Krieg nennt. In Worten kann man keinem einen Bruchteil von dem wiedergeben, was es wirklich ist. Man muß es erlebt haben. Andererseits möchte ich auch nicht hier untätig sitzen, wo die anderen vorne stehen, daß eine Sauschlacht von Oran stattfinden könnte, habe ich kaum für möglich gehalten. Eins habe ich festgestellt. Die Franzosen lachen heute noch über den dummen gutmütigen Michels. Wörtlich sagte ein Capitain, als er verlangte, von uns gegrillt [?] zu werden, und wir ihn energisch darauf aufmerksam machten, daß er sich in Gefangenschaft befinde. "Ihr Michels seid ja zu dumm, zu Gutmütigkeit". Wäre nicht ein Offizier von uns in der Nähe gewesen, hätte dieser nicht eine Sekunde länger gelebt. Man liegt im Dreck und läßt sich ev. die Lungen kaputt schießen und muß sich von einem solchen franz. Offizier so etwas sagen lassen. Recht hat er aber. Mir hat dies aber viel geholfen. Ich bin, wie Ihr wißt auch sehr weich und zu gutmütig. Nun habe ich aber eine Wut auf jeden Franzosen im Leibe. Das ist gut so. Denn mit Höflichkeit versuchen uns die Franzosen einzuwickeln und meistens merken wir es nicht. Ihr Michel seid zu dumm und gutmütig?? Was soll man dazu sagen. Man hat uns die Munition abgenommen, damit wir nicht so privat Schießübungen veranstalten. Nun gehe ich aber nie ohne Pistole und Munition aus. Das Wort hat mir die Augen geöffnet für vieles, was ich vorher nicht sah. Ihr braucht nun keine Angst zu haben, daß ich als zähnefletschender Tyrann umherlaufe. Aber ich werde aufpassen auf die Franzosen und das Leben der Kameraden. In der Gegend wird es bestimmt bald knallen. Die Leute haben hier keinen Krieg erlebt und sind voll verhetzt. Da muß man sehr aufpassen. Mit meinem Französisch bin ich soweit, daß ich den Gesprächen der Leute folgen kann. Aber ich stelle mich so an, als ob ich nur ein paar Brocken kann.
Haben heute gut zu Mittag gespeist. Gute, frische Kartoffeln und Gulasch und Erbsen, Champignons und Wurzeln. Anschließend einen ordentlichen Bohnenkaffee. Außerdem hatten wir noch einen schönen Wein zum Mittag. Nach dem Mittag eine deutsche Zigarette. Und dann hörten wir Nachrichten. Beinah wie zu Haus. Nun will ich Euch den Mund nicht zu wässrig machen, sondern auch bißchen Kaffee schicken. Vielleicht müßt Ihr Zoll bezahlen.
Alles Gute Euer Hansi
Zigarretten, Tabak, Karte, Chlorodont, Eilt! nicht

 

 



Ansicht des Briefes

 

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