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Brief (Transkript)

Hans simon an seine Mutter am 05.07.1943 (3.2002.1288)

 

5.VII.43



Mein liebes Tuttichen!

Vor mir liegen Deine Briefe vom 6.VI. und zwei vom 22. Hab vielen Dank. leider kann ich Dir erst jetzt antworten. Endlich bin ich nun wieder vorn und habe einen sehr schönen Bunker. Unsern Wohn- und Schlafraum haben wir durch eine Bretterwand getrennt, sodaß es schon ganz gemütlich (ist). leider fehlen mir im Augenblick noch ein paar schöne Bilder. Bilder von schönen Landschaften und was bei uns schon das Wichtigste, von schönen
Mädchen. Na, mit der Zeit werde ich sie mir besorgen. Es macht Spaß, so nach und nach den Widerstand der Kameraden zu überwinden, ich bin z.Zt. mal wieder Geschützführer und sie davon zu überzeugen, daß es doch viel schöner sei, wenn die Bilder zueinander passen, wenn auf die Raumverteilung geachtet wird usw.
Nun will ich Dir ein bissl von unserm Lehrgang erzählen, bzw. was es dort an Interessantem zu berichten gibt. Einmal lernte ich bei dieser Gelegenheit zum ersten Mal ein russisches Mädel kennen, das so gut Deutsch sprach, daß sie mich mit Sie anredete, und mit der ich ohne Schwierigkeiten über die Verhältnisse in Tschuktingchem und von der Fernostpolitik überhaupt reden konnte. Man findet so etwas sehr selten, vor allen Dingen das wissen und das Verständnis für viele Dinge, womit sie mich überraschte. Da habe ich mich einmal, es war an einem Sonntag, wo sie meine Quartiersleute besuchte, vier Stunden lang hochinteressant unterhalten können. Auch habe ich bei diesem Lehrgang viel Russisch zugelernt. Nur bin ich noch nicht ganz in die Geheimnisse der Schriftsprache eingedrungen.
Dann habe ich mich oft mit einem Hilfswilligen unterhalten, der sehr lange, ich glaube, es waren 3 Jahre in der Mongolei war. Die Mongolen sind ein sehr primitiver Volksstamm. Sie wohnen in Filzhütten. Selbst ihre Kleidung besteht aus einem Filzmantel, Unterwäsche kennen sie nicht. Frauen und Männer tragen einen Zopf und eine Art spitze Zipfelmütze (steif). So wie den Männern der erste Flaum um das Kinn wächst, wird ihnen jedes Haar einzeln ausgerissen und zwar mit der Wurzel. So kann man Männchen und Weibchen nicht unterscheiden. Ihre Nahrung besteht aus Fleisch (Lamm bzw. Schaf), das nur 2 Min. gekocht wird. Brot kennen sie nicht. Ihr Geschäftchen verrichten sie vor dem Zelt. Wenn sie sich im Filzmantel hinhocken, merkt ja niemand diese Absicht. Sie lassen sich nicht stören, selbst wenn jemand vorbeikommt. Nein, höflich wie sie sind, bieten sie jedem die Tageszeit! Wird einer von den Mongolen krank, so führt man ihn in die Wüste, gibt ihm ein Stück Fleisch mit, legt ihn in den Sand und legt um ihn herum Steine. So ist er schon dem sicheren Tode geweiht. Russische Ärzte, die diese ausgesetzten Mongolen heilten und zu ihren Familien zurückschickten, mußten erleben, wie diese Leute bei den Familien als tot galten und ausgestoßen wurden. 95% der Mongolen haben Syphilis. Schrecklich, nicht? leider reicht meine Zeit nicht ganz eben, Dir noch mehr davon zu berichten. Dir nun alles Gute, mein liebes Tuttichen. Hab vielen Dank für die Hefte. Mutti kannst Du von den Mongolen ja erzählen, dann brauche ich davon ja nicht nach Haus zu schreiben.
Gott mit Dir Dein Hansi

 

 



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