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Brief (Transkript)

Manfred von Plotho an seine Ehefrau am 30.5.1941 (3.2008.2195)

 

den 30. Mai 1941


Brief No. 12

Meine liebe Ingrid,

es ist zwar schon 10 und ich bin seit 430 auf, aber Du sollst auf Deinen ausführlichen Brief vom 22. Nr. 43 noch einen Gruss haben. Wir haben eine recht anstrengende Rgt.Übung mit etwa 35 Kilometer Marsch bei strömenden Regen auf grundlosen Strassen hinter uns. Als wir nachmittags um 4 nach Hause kamen, war ich so erschossen und bis auf die Haut nass, dass ich erstmal eine Stunde wie ein Toter geschlafen habe. Dann wurde der Frisör bestellt und ein Bad im Waschtrog genommen. Nun fühlte ich mich schon etwas besser auf den Pfingstsonnabend morgen gerüstet. – Gestern hatten wir grosse Aufregung in unserem 12 Kilometer langen Ort mit seinen 5.000 Einwohnern: Ein Kommando der S.S. erschien um Korn, Kartoffeln und Stroh beizutreiben, weil die Bauern ihr Kontingent nur sehr unbefriedigend erfüllt hatten. Alles lief wie ein aufgeregter Hühnerhaufen durcheinander und suchte bei unseren Männern Schutz. Ein Unteroffizier fand unter seinem Strohsack 4 Damenschlüpfer, 2 Hemden und 1 Kilo Butter. Offenbar haben die Bauern schlechte Erfahrung mit solchen Kommandos gemacht. Ich muss sagen, das die S.S. Männer einen ausgezeichneten Eindruck gemacht haben. Sie entledigten sich ihrer Aufgabe mit Energie und etwas gewaltsamen Methoden, waren aber befehlsgemäss in 8 Stunden zu 30 Mann in dem 12 Kilometer langen Ort fertig. Eine erstaunliche Leistung. Im Übrigen eine höchst undankbare Aufgabe. Wir von der Wehrmacht haben gut reden, denn wir brauchen uns mit solchen polizeilichen Aufgaben nicht zu befassen. Kein Wunder, dass die Bevölkerung uns überall lieber sieht als die Herren mit „Vögel auf Arm“. – Deine Auffassung über die weitere Entwicklung ist ja interessant. Neuerdings dringen auch zu uns immer mehr Parolen aus der Heimat, die auf irgendwelche ganz unvermutete Entwicklungen hindeuten. Natürlich wissen wir genauso wenig wie Ihr, aber ich glaube leider an eine Entwicklung in dem mit Karl-Henry besprochenen Sinne, weil ich die Notwendigkeit einmal zur Verbreiterung unserer Endkampfbasis, zum anderen der Demobilisierung unseres Nachbarn im Osten für zwingend ansehe. Erreichen wir diese Ziele auf friedliche Weise, tausendmal besser. Aber darum keine traurigen Gedanken, kleine Frau, nur die innere Bereitschaft einer tapferen Soldatenfrau auf alle Eventualitäten. – Du hast ganz richtig verstanden, was ich meinte, als ich Dir den Artikel „Komme auf Urlaub“ schickte. Es ist auf eine subtile und feine Art all das zum Ausdruck gebracht, was im Unterbewussten in so einem Urlaub zum Schwingen kommt. Dinge, über die man nicht sprechen kann und die doch immer sehr lebendig daneben stehen. Man soll es nicht unnötig tragisch nehmen, das wird schon wieder anders mit anderen Verhältnissen, aber es tut gut darum zu wissen. – Vielen Dank für 100 Zigaretten und noch 50 von der "Koffabohn". – Auch 2 x Tabak kam richtig an. – Nun bist Du allein in Bliestorf. Vielleicht auch mal ganz schön für Dich. Grüss mir alle schön, besonders natürlich meine Eltern, die jetzt wohl gerade dort sein werden. Sei innigst umarmt von Deinem
Manfred

So sehr ich mir auch eine Tochter wünschte, so mache ich natürlich keinen Unterschied und freue mich genauso über einen 2. Sohn!

 

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