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Brief (Transkript)

Manfred von Plotho an seine Ehefrau am 5.9.1939 (3.2008.2195)

 

5. Sept. 39



Meine liebste Ingrid,

heute geht die erste offizielle Feldpost von hier ab. Wahrscheinlich werden Dich meine anderen Grüsse garnicht erreicht haben. Deshalb hier noch einmal meine Adresse: Feldw. d. Res. P., Postsammelstelle Hannover, Feldpost 12523. Hoffentlich geht’s Dir einigermassen. Für die, die daheim bleiben, ist es ja viel weniger angenehm, als für uns, die wir eine Aufgabe haben. Wir halten den Grenzwall und harren der Dinge, die da kommen sollen. Stimmung ist sehr zuversichtlich vor allem auch deshalb, weil die Befestigung einem jeden ein sehr beruhigtes Gefühl geben. Unsere Truppe liegt in einem herrlichen Waldtal und ich halte mit ein paar Leuten einem Kleinbauern sein Anwesen in Ordnung. Gestern Nacht haben wir einem kleinen Kälbchen zum Leben verholfen. Ganz friedensmässige Bilder. Natürlich liegt über dem Ganzen die grosse Hoffnung, obs im Westen etwas gibt. Wenn es hier ruhig bleibt, hoffen wir ja sehnlichst, noch im Osten eingesetzt zu werden. Denn es ist kein schönes Gefühl für einen Soldaten, untätig zu liegen, während die anderen den Feldzug wirklich mitmachen können. Man tröstet sich mühsam damit, dass wir ja auch eine wichtige Aufgabe zu erfüllen haben, ganz gleich, ob es hier zum Ernstfall kommt oder nicht. [...] eine Sorge, dass Du gut auf Dich aufpasst und ruhig in Bliestorf bleibst. Vor allem hört nicht so viel Radio. Das muss allmählich auf die Nerven gehen. Wir haben allen Grund, zuversichtliches Vertrauen in die Führung zu haben. Und Du weißt, dass ich mit dieser Auseinandersetzung mit England rechnete und bestimmt glaube, dass wir bessere Chancen als die Gegenseite haben. – Hoffentlich erlebt Deine arme Grossmutter diesen neuerlichen Kampf mit England nicht mehr. Für Papi und Mami ist dieser neuerliche Trauerfall in vieler Weise ja eine Erleichterung denn die alte Dame hat ihr Leben gelebt und was nachblieb, war ein erdgebundener Ausklang. Ich finde es schön, dass ich Deine Großeltern noch kennen lernen durfte. – Sind Bruno’s in Deutschland geblieben? An welche Front ist Putz gekommen? Kommt der Trutz aus Athen zurück? Ich warte ja so auf Nachrichten von Dir! Merkwürdigerweise hatte ich das bestimmte Gefühl, dass ich sobald nicht wieder nach Bliestorf kommen würde, als ich von Bergen aus da war. Na, ich weiss, dass Du Dich tapfer hältst! Papa sollte nach Möglichkeit das Geld f. das Haus Nienstedt wieder in Grundstück anlegen! Ich rechne damit, dass auch wir uns erheblich umstellen werden müssen.
Euch allen innigste Grüsse!
Manfred

 

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