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Brief (Transkript)

Manfred von Plotho an seine Ehefrau am 11.3.1940 (3.2008.2195)

 

Montag, den 11. März (1940)



Meine liebe kleine Frau,

nun sitze ich wieder in meinem alten Quartier und schreibe auch wieder mit der komischen Tinte. Die Frau des Hauses und Benno, bei dem noch immer nichts angekommen ist, obgleich er seit dem 5. März damit rechnet, sind am Bridge. Ich sitze allein mit der ältesten Tochter, die in Potsdam ihr Abitur gemacht hat und nun vor dem Antritt zum Arbeitsdienst auf Urlaub zu Hause ist. Ein grosses, ruhiges und sympathisches Menschenkind. Meine Reise war in einem überfüllten Zug, aber mit Bett, bis Frankfurt sehr angenehm. Leider verpasste ich durch eigene Unachtsamkeit den Anschluss – der Zug fuhr vom Nachbargleis, während ich auf dem gegenüberliegenden Bahnsteig stand und wartete - , sodass ich in Frankfurt 6 Stunden Zeit hatte. Ziemlich trostlos am Sonntag bei grauem Märzhimmel. Sah einen ziemlich guten Afrika-Expeditionsfilm und bummelte zum Römer, ein herrliches Bauwerk. Ass in einem unerhört teuren Lokal zu Mittag, Eintopf, von dem man natürlich nicht satt werden konnte. Zum leichten Entsetzen des Oberkellners zückte ich daraufhin meine guten Brote von zu Hause. Das war ihm wohl selbst im Kriege noch nicht vorgekommen. Hier in Dirn [?] empfing mich eine vertraute Atmosphäre. Vermisst hat man mich nicht, aber man fand es auch besser, dass ich mich allmählich wieder zurückfände. Heute war einige Aufregung und ich habe mal schleunigst zu packen versucht, aber inzwischen hat sich alles wieder beruhigt. Wir ritten nun noch auf 4 Wochen ein, und ich fange mir bereits an auszurechnen, wann ich wohl am besten auf Urlaub fahre. – Soviel von mir. Und von Euch zwo beiden hoffe ich, dass es Euch weiter gut geht mit der trefflichen Fürsorge von Schwester Gertrud. Es ist so schön, dass ich nur mit frohen Gedanken an Euch denken darf und besonders schön, dass ich von dem Sohn doch eine gut Vorstellung mit nehmen konnte. Ich kenne ihn nun doch und es bahnt sich schon so etwas wie ein persönliches Gefühl zu diesem kleinen Lebewesen an. Als Vater trägt man es ja nicht schon so lange mit Bewußtsein bei sich. Plötzlich ist es da und man muss erst eine eigene Stellung zu ihm finden. Ich erzählte überall voll Stolz, dass er bereits jetzt ein ansehnliches Kind sei. So sind Väter, wenn Sie erstmal den Rücken gedreht haben. Am allerschönsten ist aber doch immer wieder, dass es der kleinen Frau gut geht und sie blühender und strahlender denn je aus diesem Ereignis herausgekommen ist. Pass man weiter gut auf, dass Du Dir diese jugendliche Frische erhältst. Nachdem der unruhige Mann weg ist, kannst Du Dich ja auch wieder mehr auf Dich selbst zurückziehen! – Von hier lassen Benno und Schwabe sehr grüßen. [?] ist braun und knusprig und mit einem schrecklichen Kater aus Seefeld zurückgekommen. Es sei stoppevoll und wunderschön gewesen. Auch hier [?] wir viel über die grosse [?], aber es kommt auch nicht mehr dabei raus als in Hamburg. Man muss eben weiter abwarten. Inzwischen wird Mamy ja auch vergnügt und mit allerhand Erzählungen wieder nach Hause gekommen sein. Ich brauchte ihr nicht zu telegrafieren, und würde es für die nächsten Wochen auch nicht brauchen. Hier ist inzwischen richtiges Frühlingswetter, 10 Grad Wärme und so ein gewisses Etwas in der Luft. Dazu eine zunehmende Sichel des Mondes. Nach dem langen Winter freut man sich doch sehr auf den Sommer. Was er nun wohl bringen wird?
Euch allen, Ihr Lieben, tausend Grüsse. Lasst Euch von den Engländern keine Flugblätter auf den Kopf schmeissen!
M

 

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