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Brief (Transkript)

Familie K. aus Dresden an Familie M. nach Aachen am 24.03.1984

 

Dresden, 24.3.84

Meine lieben vier M.s!

Du hast auf jeden Fall recht, liebe Elisabeth, daß wir lange nichts von uns hören ließen. Der Grund dafür ist, daß wir alle drei nicht auf dem Posten waren, wir hatten uns gemeinsam eine schwere Erkältung zugezogen, die uns vier Wochen lang quälte und bei jedem unangenehme Nachwirkungen mit sich brachte. Unser Vati bekam durch den schweren Husten heftige Herzbeschwerden, bei mir wurden die Rheumaschmerzen so schlimm, wie ich sie noch nie hatte dazu eine Müdigkeit, daß ich den ganzen Tag hätte schlafen mögen, und Peter mußte wegen seiner Ischias-Schmerzen zu unserer Ärztin. Sie verschrieb ihm viel Liegen, keinen Ausgang, aber auch ganz neue Tabletten und Reizstrom-Behandlung. Beides hat sehr gut angeschlagen, so daß er in dem Bein wirklich mal schmerzfrei ist und ab nächster Woche wieder arbeiten gehen kann. Doch damit genug von Krankheiten, seit vorgestern ist am Tage frühlingswarmes Wetter und auch die kalten Nächte scheinen nun endlich passé zu sein, da kommt auch nach Krankheit der Lebensmut wieder.
Nun erstmal herzlichen Dank für Eure lieben Briefe, zuerst Dir, liebe Rodena, für Deinen netten Brief, über den wir uns gefreut haben. Dir, liebe schreibfleißige Elisabeth, besonderen Dank dafür, daß Du, trotz unseres Schweigens, am 14.3. wieder einen langen Brief schriebst und ihn mit dem hübschen Mimosensträußchen verziertest. Von Mimosenduft konnten wir allerdings nichts erschnuppern! In Beantwortung Deiner Fragen muß und kann ich Dir folgendes berichten: Wenn ein Mann, wie unser Vati, 84 Jahre lang ganz besonders gern süß gegessen und getrunken hat, so kann er sich nur sehr schwer an zuckerlose Kost gewöhnen. Deshalb nimmt er viel Süßstoffe, hält sich aber streng an die Vorschriften. Das hatte aber schon Erfolg: Bei der Untersuchung Anfang Januar war der Zuckergehalt bei ihm 9.2 und jetzt vor 4 Tagen 6.7 (6.6 ist normal!). Da haben wir uns natürlich sehr gefreut, auch darüber, daß er nun erst am 12. Juni wieder ins Labor zur Ärztin muß. – Zu den winterlichen Einkaufsschwierigkeiten kann ich berichten, daß es den ganzen Winter nur einmal kurz einige Tage vereiste Straßen gab, ansonsten das bei uns sehr trockene Wetter gehsichere Straßen bescherte, so daß die Angst vor Arm- oder Beinbruch wegfiel. Ja, und die Versorgung bringt bei uns immer wieder Überraschungen sogar ab und zu eine positive wie die, daß es im Februar plötzlich in den Fleischerläden reichlich Kalbfleisch gab. Ich konnte (Glück muß der Mensch auch manchmal haben!) für Vati dreimal die von ihm so geliebte Kalbshaxe bekommen. Doch das ist nun wieder vorbei, und die negativen Überraschungen überwiegen: Die Kartoffeln sind so schlecht wie eh und je, die Butter ist pro Stück 10 Pf. billiger, dafür 50% schlechter und das Schlimmste – seit Anfang dieses Jahres gibt es das Sonnenblumenöl, das immer recht gut war, nicht mehr, dafür ein „Salatöl“, das nach Fisch riecht und schmeckt. Und das, wo es jetzt frischen Salat gibt! Von Forellen wird viel in den Zeitungen geschrieben, wo überall neue Kulturen geschaffen werden, aber zu kaufen bekamen wir diesen Winter im Gegensatz zu vorigem Jahr, nicht einmal welche.
Übrigens „der Wurm, der bei Euch drin war“, ist zu uns übergesiedelt, auch bei uns streikt die Waschmaschine und im Bad der Durchlauferhitzer. Nur wird bei Euch sicher in wenigen Tagen die Sache repariert worden sein, während wir 3-4 Wochen auf die Handwerker warten müssen – ein erfreulicher Zustand!
Zu Eurer Wohnzimmer-Renovierung möchte ich Euch gratulieren, ich kann mir die Sache nach Deiner Beschreibung sehr gut vorstellen – aber auch den sich ergebenden Hausputz! Dir lieber Karl-Heinz, wünsche ich, daß Du bald und rechtzeitig vor Eurer Reise die Umzugs-Strapazen in der Firma überstanden hast und dann davon gute Erholung! Dir, liebe Rodena Glückwunsch zu guten Zensuren, mach weiter so! Aber auch unser Beileid zu Schnaufis frühem Tod! Dir, lieber Georg, drücken wir die Daumen für die Abschlußprüfungen und damit für die Erreichung des gesteckten Zieles!
Mein letztes Abo-Konzert war am 23.2. – ein reines Mozart-Konzert mit dem österreich. Dirigenten Nikolaus Harnoncourt und seinem jungen Landsmann Thomas Zehetmair, Violine, es hat mir sehr gut gefallen. Nun gibt es noch je ein Konzert im April, Mai und Juni. Im März war ja unsere Staatskapelle schon wieder zu einer 14-tägigen Tournee in der BRD von Hamburg bis Nürnberg. Da ich den Terminplan der Konzerte für 1984/85 zweimal bekommen habe, lege ich hier einen bei, die angekreuzten kommen für mich in Frage. – Eben fällt mir noch ein, ob ich Euch wohl schon mal erzählt habe, daß Peter und ich im Herbst und Winter mehrmals alle einschlägigen Geschäfte wegen eines Wintermantels für mich abgeklopft haben, im Januar versuchten wir es nochmals, aber vergebens. Es gab zwar ganz schöne Mäntel, besonders in der Preislage von 800,- bis 1000.- M, aber alle so groß, daß ich zweimal hineinpaßte. Selbst die Verkäuferinnen klagten darüber, daß sie keine kleinen Größen hereinbekämen. Da empfahl mir eine flüchtige Bekannte, mir beim Schneider einen nähen zu lassen. Sie konnte mir sogar einen solchen nennen, bei dem sie beste Erfahrungen gemacht habe. Also – letzter Versuch! Peter war so lieb, mich wieder zu begleiten, das war am 2.2. Und welche Überraschung! Das Geschäft (PGH) machte den besten Eindruck, sehr gute Bedienung, gute Stoffe vorrätig, sofort Maß genommen und das Versprechen, ihn baldigst fertig zu stellen. Nach zwei Anproben konnte ich ihn am 15.3. abholen und für den vergleichsweise sehr günstigen Preis von 540,- M. Also doch mal etwas Erfreuliches.
So, meine Lieben, nun wünschen wir Euch alles Gute, für Eure Osterreise vor allem gutes Wetter, viele schöne Erlebnisse und gute Erholung von den Strapazen der letzten Wochen und Monate. Dazu viele liebe Grüße von
Euren drei Dresdnern.

 

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