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Brief (Transkript)

Familie M. aus Aachen an Familie K. nach Dresden am 13.10.1981

 

13. Okt. 1981

Liebe Tante Hanni, lieber Onkel Martin, und lieber Peter!

Heute will ich Euch die Fotos schicken, die nun endlich vervielfältigt worden sind. Leider hat der Fotoladen in Brand sie eine Nummer kleiner gemacht. Ich hoffe, sie gefallen Dir aber trotzdem, liebe Tante Hanni.
Es ist nun nicht zu leugnen, daß es dem Winter zu geht. Wir haben es in puncto Heizung ja gut, aber Ihr Armen müßt Euch wieder sehr plagen, um eine warme Wohnung zu haben. Heute war ich wieder zum Markt und kam mit ganz steifen Fingern zurück, so kalt ist es schon. Wie gerne hätte ich eine große Weintraube für Euch mit eingekauft!!! Wie haben Deinen Männern die „Schillerlocken“ geschmeckt, liebe Tante Hanni? Ich hörte neulich, daß sie aus dem Fleisch des Dornhai gemacht werden. Also: der Strauch mit den orangefarbenen Beeren = Feuerdorn und die Schillerlocken sind vom Dornhai!! Ha ha!! Ich werde den Dornhai sicher nächste Woche wieder vergessen haben!!
Letzten Sonnabend waren wir schon wieder im Grenzlandtheater. Es gab von Jean Paul Sartre „Die respektvolle Dirne“ Die Kritik war sehr gut und es hat uns auch sehr gut gefallen. Hinterher fuhren wir wieder nach „La Strada“, wo uns der frische Fischsalat und eine kleine Pizza gut schmeckte. Morgen haben wir Abo-Konzert, ein Violinsolist und das städtische Orchester. Die Kinder haben ab Sonnabend eine Woche Herbstferien, aber Karl-Heinz muß ja leider arbeiten. Unsere Nachbarn fahren für diese 1 Woche nach Dänemark. Frau H. geht in die Klinik, um sich am Knie operieren zu lassen. Ich werde sie ein paar Mal besuchen. – Georg hat eine Englischarbeit „befriedigend“ und einen Vokabeltest in Französisch sogar „gut“ geschrieben. Rodena hat einen Aufsatz Inhalt und Schrift „sehr gut“ geschrieben. Das macht Freude!
Wir denken oft an Peter. Hoffentlich hat er in seinen Ferien nicht nur schlechtes Wetter gehabt. Hier hatten wir in letzter Zeit viel Regen und Sturm. Im Garten ist noch so manches aufzuräumen. Zucchini haben wir immer noch. Sonntag haben wir noch einmal meine Mutter zum Mittagessen und Kaffeetrinken nach hier geholt. Es gab Lamm-Rollbraten, Zucchini-Gemüse, Kart. und Vanille-Eis mit Brombeer-Schaumsoße (warm). Meiner Mutter geht es nicht besonders. Sie hat starke Atembeschwerden, aber sie will es einfach nicht wahrhaben. Hoffentlich wird es im Winter nicht noch schlimmer.
Heute hat sich eine ehemalige Schulkameradin von mir mit ihrem Mann für einen Besuch angesagt. Sie haben in der Vulkaneifel ein Haus gebaut, das sehr einsam liegt. So nutzen sie jede Gelegenheit nach Aachen zu kommen. Ich habe sie zum Abendessen eingeladen und muß nun bald mit den Vorbereitungen dafür anfangen. Jetzt will ich Euch aber noch schreiben, daß gestern in unserer Zeitung von Anzeichen einer verdeckten Mobilmachung in der DDR berichtet wurde. Tausende von Reservisten sollen schon einberufen worden sein. Große Krankenhäuser in der DDR (u.a. auch eins in Dresden) sollen ab sofort wenigstens 100 Betten ständig zur „besonderen Verfügung“ freihalten. Hoffentlich ist an der Meldung nichts Wahres dran!! Es geht dabei ja höchstwahrscheinlich um Polen. Das würde uns allen noch fehlen!! Es gibt schon genug Krisen in der Welt!! Hoffentlich habe ich Euch nicht beunruhigt!
Von Köln haben wir nichts mehr gehört. Ich habe aber auch grade erst ein paar Fotos nach S.-S. geschickt.
So, jetzt muß ich aber wirklich Schluß machen.
Bleibt schön gesund und laßt Euch herzlich
grüßen von Eurer Elisabeth, Karl-Heinz
Georg und Rodena.


 

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