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Brief (Transkript)

Familie K. aus Dresden an Familie M. nach Aachen am 26.03.1980

 

Dresden, 26.03.80

Meine lieben Aachener!
Gestern gab’s für uns eine große, freudige Überraschung: Wir durften uns an der Post (vorsichtshalber mit Rollfix) Euer Paket abholen, das uns so viele gute Sachen brachte. Ihr habt mit den Obst- und Champignon-Dosen wieder genau richtig gewählt, wobei wir natürlich für Kaffee, Kakao und Schokolade auch keine Kostverächter sind. Das Hemd paßt unserem Vati prima, und den Schal habe ich heute schon ausprobiert. Ich finde ihn sehr hübsch, und er ist für die jetzige Jahreszeit gerade richtig. Ich nehme wohl richtig an, daß Du, liebe Elisabeth, ihn selbst gearbeitet hast. Wenn ja, dann meine Hochachtung! Aber vor allem unseren allerallerherzlichsten Dank für Euer liebevolles Gedenken!
Doch ich habe noch ein sehr schlechtes Gewissen Dir gegenüber, liebe Elisabeth; denn seit dem 7. Febr. liegt Dein lieber, ausführlicher Brief unbeantwortet da, mit dem Du so interessant von Euren Geburtstagsfeiern und von Eurer eintägigen Busfahrt nach Paris berichtest. Bei Deiner Beschreibung des Gemüse- und Obstangebots in einer der typischen Lebensmittel-Einkaufsstraßen von Paris kann man sich nur wundern über diese Gegensätze in unserem „kulturell so hochentwickelten“ Europa. Wir wären jetzt – Ende März – schon glücklich, wenn wir bald mal grünen Salat zu kaufen bekämen, von anderem frischen Gemüse und Obst (außer Äpfeln 3. Qualität) kann überhaupt noch keine Rede sein. Du schreibst, daß Ihr Euch immer nicht genug über das Fischangebot wundern könnt. Bei uns sind die Fischgeschäft vollkommen leer, wir wundern uns darüber, daß es dieses Jahr erstmalig seit Neujahr keinen Karpfen gibt, die doch im Herbst in unseren Teichen tonnenweise gefischt werden. Doch genug von diesem Thema, sonst läuft die Galle zu sehr über.
Wie geht es Dir, lieber Karl-Heinz? Haben die Bewegungsbäder im heißen Thermalwasser gegen Deine Beschwerden geholfen? Ich wünsche es Dir von Herzen; denn Du bist mit Deinen 50 Jahren für dauernde Altersschmerzen doch noch zu jung. Aber unser Peter macht uns bezüglich Gesundheit schon mit seinen 36 Jahren Sorgen. Allerdings meint er, schon 48 J. alt zu sein, da seine 12 Jahre Armee-Dienst laut einer militärärztlichen Aussage doppelt zählten. Er ist jetzt schon seit Anfang Februar krank geschrieben und seit Anfang März zu einem Kuraufenthalt, der voraussichtlich drei Monate dauern soll. Martin und ich sind also z.Zt. solo. Zum Glück war das Wetter im Februar ja vorfrühlingshaft und auch der März nicht sehr kalt, so daß Kohlenschleppen und Heizen für Vati erträglich blieben. Und auch ich brauchte beim Einkaufen kaum Sorgen wegen Straßenglätte und evtl. wieder Armbrechen zu haben. Noch eine Kuriosität muß ich erzählen: Du, liebe Elisabeth, meintest in Deinem letzten Brief, mit meinem Daumen würde ich wohl an einer kleinen Operation nicht vorbeikommen. Aber höre und staune, ich habe (unberufen!!) keinerlei Schmerzen und Beschwerden mehr, tägliches Einreiben mit Camphoderm abends vorm Schlafen und darüber – auf Vatis Vorschlag – einen warmen wollenen Handschuh hat geholfen. Hoffentlich bleibt es so!
Übrigens ist auch von uns ein kleiner bescheidener DDR-Ostergruß an Euch unterwegs. Warum sollt Ihr nicht auch mal von unserem diesbezüglichen Angebot kosten. Hoffentlich schaffts die Post bis zum Fest!
Wir wünschen Euch vor allem gesunde und recht frohe Ostertage und verbleiben mit nochmals bestem Dank und herzlichen Grüßen
Eure Tante Hanni
und Onkel Martin.

 

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