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Brief (Transkript)

R. B. seine Eltern am 27.10.1940 (3.2002.7227)

 

Im Osten, den 27. Okt. 40



Liebe Mutter!

Heute morgen nach der Vereidigung habe ich das schöne Paket erhalten, wofür ich mich jetzt aufs herzlichste bedanken möchte. Es hat mir ganz besondere Freude gemacht. Die Plätzchen sind wirklich famos geraten und gehen dementsprechend rasend weg. Die Butter kann ich natürlich auch gut gebrauchen; ich möchte aber nicht, dass Ihr meinetwegen Einschränkungen habt. Wenn Ihr jedoch von Eurem Überfluss etwas abgeben wollt, dann bin ich bestimmt nicht der Letzte, der was gerne nimmt.
Wie ich schon geschrieben habe, ist die Verpflegung hier ganz gut und der Koch gibt sich alle Mühe, den Wünschen der Kompanie entgegen zu kommen. Also über unser leibliches Wohl brauchst Du, liebe Mutter, Dir keine große Sorgen zu machen.
Zu Anfang habe ich schon erwähnt, dass wir heute förmlich vereidigt worden sind. Ich hatte die Ehre als vorgezogener Mann beim Schwur die Hand auf den Degen der Offiziere zu legen. Nach der feierlichen Handlung wurden wir ausgeführt und haben uns anschließend in unserer Kantine, die von der Kaserne getrennt im Ort liegt, gehörig einen gehoben. Das war unser erster Ausgang. In der Stadt sieht man fast nur Leute vom Sturmgeschwader – Juden, nichts als Juden.
Es geht heute abend auf unserer Stube etwas wüst her; denn einige haben ihr
Fassungsvermögen gewaltig überschätzt. Ich möchte Dich nun bitten, mir gelegentlich (mir) die beiden Soldatenliederbücher zu schicken, die sich im kleinen Tisch befinden. Friedrich wird das schon wissen. Am Freitag haben wir eine Übung mit Schlauchboten gehabt, die auf einem nahen See durchgeführt wurde. Das Paddeln hat mir wirklich Spaß gemacht. Als wir danach heimkamen gings zum Film „Wenn wir alle Engel wären“ mit der neuesten Wochenschau. Es wird versucht den schäbigen Aufenthalt etwas erträglicher zu machen. Sei nun vielmals gegrüßt von
Deinem R.
Gruß an alle im Hause!

 

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