Nach Zeitraum suchen

von 
bis 
SUCHE ZEITRAUM
Bestandskatalog PDF

Brief (Transkript)

H. D. an seine Ehefrau am 17.7.1941 (3.2002.0280)

 

17.7.41.



Mein liebes Frauchen!

Zuerst einen recht schönen guten Morgen. Du liegst ja ganz bestimmt noch in den Federn. Es ist ja auch erst _ vor 6 h. Ich komme ganz leise geschlichen und küsse Dich auf Augen u. Mund, bis mich Deine blanke Äuglein anstrahlen u. Dein Mund mich anlacht. Ich setze mich zu Dir auf’s Bett u. wir plaudern noch ein wenig. So, jetzt aber schnell raus aus den Federn. Komme her zu mir. Bei mir ist es auch schön, sehr schön sogar, wenn man von dem Unschönen absieht. Ich stehe mit meinem Wagen hier mitten in einem riesig großen, prächtigen Gerstenfeld. Ganz golden schimmern die Ähren in der Morgensonne und wiegen sich leicht im Winde. Ich könnte mich auf einer Wanderfahrt dünken. Aber wenn auch Krieg ist überall dieser Schönheit, freuen wollen wir uns doch an dem, was schön ist, denn es bleibt auch dann schön, wenn es sich mal zeitweilig etwas verstecken muß. Jetzt steigt gerade aus den Ähren eine Lerche hoch und hell trillernd geht ihr Flug steil in den Himmel. Ich wünschte, Du wärest bei mir. Es wäre schön, neben Dir im Gras zu liegen, die Sonne zu genießen und dem Woher u. Wohin der hoch droben ziehenden Wolken nachzuträumen.
Aber ich darf nicht zusehr der Wirklichkeit entrinnen. Sieh’ mal dorthin, diese braunen Gestalten. Das sind Russen, Gefangene. Die verschiedensten Gesichter sieht man dabei; von dem uns bekannten europäischen Typ bis zum Mongolengesicht mit seinen kleinen Augen, den hervorstehenden Backenknochen. Wenn man überlegt, daß die erst 4 Wochen Krieg haben, sehen die schon ziemlich heruntergekommen aus. Schon viele Bürschchen von 15, 16 Jahren haben wir unter den Gefangenen gefunden. Ja zu dem Krieg hier kommt noch eine hinzu: es steht nicht nur Volk gegen Volk, sondern auch Weltanschauung gegen Weltanschauung. Aber das letztere ist ja vielleicht gerade für uns das tragende Moment. Und in die Knie muß er, der Russe, der internationale Weltbeglücker. Haltet nur den Daumen, daß es schnell geht, so wie bisher an den vergangenen Fronten. Ich bedaure nur eins nach meinen bisherigen Wanderfahrten um Deutschland: daß man nicht jeden noch vorhandenen Meckerer bei uns daheim in irgendeins der Länder um Deutschland, vor allem hierher schicken kann. Er würde sich ganz klein vorkommen, was er auch ist, und gerne wieder nach Deutschland zurückgehen u. stolz darauf sein Deutscher zu sein. – Wie geht es denn meinem Liebling? Bist Du hübsch gesund? Ja! Das freut mich. Auch weiterhin recht hübsch gesund bleiben, gelt kleines Schmuserchen! Grüße Mutti recht schön. Und jetzt komme mal ganz schnell zu mir. So setze Dich auf meinen Schoß u. kuschel Dich ganz dicht an mich. Es grüßt Dich und küßt Dich mein kleines goldiges Frauchen, auf’s allerinnigste
Dein H.

 

top