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Brief (Transkript)

H. D. an seine Freundin am 25.6.1940 (3.2002.0280)

 

25.VI.40.



Mein liebes, jetzt bestimmt ganz besonders glückliches Schmuserchen!

Was mag das bei Euch für eine Freude gewesen sein, als die Meldung vom Waffenstillstand mit Frankreich kam, und durch das Radio das uralte, einem durch Mark und Bein gehende Signal ertönt. „Das ganze halt“. Ich habe diesen Augenblick wach hier in Feindesland erlebt. Wir Offz. von der Abteilung, waren alle in dem auf der einliegenden Karte abgebildeten Hause versammelt und hörten die Sendung von heute Nacht mit. Liebes, weißt Du noch, heute vor genau 10 Monaten, in der Nacht vom 25. auf 26. Aug. 39, bekam ich meinen Stellungsbefehl auf den 26. Aug. Und heute am 25. VI. 40 kann ich Dir schreiben, daß die Waffen zwischen uns und Fr. ruhen. Kein Geschützfeuer mehr, kein Gewehr- und M.G.-Feuer, keine mit unheimlicher Last beladene Bomber mehr. Was mag unseren alten Frontkämpfern von 14/18 heute Nacht das Herz hochgeschlagen haben, daß ihre Söhne die ihnen 1918 angetane Schmach in einem Siegesmarsch ohne Gleichen wieder gutmachten. Der Herrgott war mit uns und stark wie er selbst waren unsere Waffen die er segnete. Wie dem Leben zurückgegeben kommt man sich vor. sicherlich ist man dem Leben auch dann am nächsten je näher man dem Tode ist. Und deshalb bin ich unserem Herrgott so dankbar und vor allem auch Dir, Liebes, die Du immer bei mir warst u. bist, daß er einen auch an so Augenblicken, wo die Entscheidung ob Leben oder Tod fallen konnte, nicht verzagen ließ. Und unsere toten Kameraden aus dem großen deutschen Heer sind heute auch bei uns. Nicht weinen wollen wir um sie, den Helden beweint man nicht, sondern man betrauert sie. Sie haben ihr Leben gegeben, damit wir u. das ganze große deutsche Volk leben können. Und keiner ist unter uns, der nicht jederzeit dasselbe getan und sein Leben für das Leben gegeben hätte. Wenn uns das Leben blieb, so wollen wir Gott danken, der uns führte. In Ehrfurcht steht heute das ganze deutsche Volk vor dem Mächtigen, denn es spürte seine Macht in der Gewalt der eigenen Waffen. – Wie geht es Dir denn mein Liebes? Du bist doch noch schön gesund und munter? Heute Nacht habe ich so gedacht, jetzt müßte ich meinem Liebling eine Telegramm schicken können, daß es mir noch gut geht u. ich gesund und munter diesen Tag erleben durfte. Wie oft hast Du Dein tapferes Herzchen in beiden Händen gehalten, wenn es anfangen wollte zu verzagen u. wenn Angst in ihm aufsteigen wollt. Was bin ich dem Herrgott dankbar, daß er ein so tapferes Frauchen mein werden ließ. Ich weiß, was Dein Herz bewegte, all die Monate bisher und bei der Nachricht, daß wir zum Sturm gegen die Maginotlinie angetreten waren. Mich erfüllt die tiefste Bewunderung für Dich. Und für Soldaten, die solche Frauen haben soll es ein Hindernis geben? Nein! Da bricht auch der Beton u. das Eisen der Maginotlinie. Und Du tapfere Frau warst bei mir immer u. überall, oben, als wir südwestl. von Saarbr. die Mag.-Linie angriffen und auch beim Rheinübergang am Oberrhein, wo schon am jenseitigen Ufer – 200 m weg – die feindl. Bunker standen. Du warst bei mir auf unserem Vormarsch durch u. über die Vogesen. Augenblicklich bin ich Giromagny, ganz kurz vor Belfort. Und bei mir wirst Du bleiben ein ganzes langes Leben lang, Du meine liebe tapfere E. Was darf ich glücklich u. zuversichtlich sein. – Bleibe schön gesund. Viele Grüße an die Mutti. Es küßt Dich unzähligemal
Dein H.

 

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