Gizy 28.5.40

Meine liebe Hildegard!

Ich habe den Brief vom 26. heute wieder geöffnet und lege diesen noch bei. Wir hatten noch keine Gelegenheit, die Post abzugeben. Inzwischen sind wir weiter nach Frankreich gekommen und liegen jetzt 5 km vor Laon, in einem Dorf, „Gizy“ heißt es und es ist auch geräumt. –
Ich will Dir kurz schreiben, was wir gesehen haben. Erstmal meine Kameraden hatten 3 Hühner gebracht. Diese haben wir gleich gekocht, (am 26. war das) eine feine Nudelsuppe dran und noch zum Fleisch Magroni gemacht. Das war ein wunderbares Abendbrot, dazu hatten wir echten Burgunder Rotwein in rauhen Mengen und fast alle einen Schwips davon. – Gestern um 3 Uhr nachmittag sind wir dann in Omnibussen abgefahren durch die schönen Ardennenwälder. Auf der Fahrt haben wir die Spuren der Kämpfe gesehen, denn viele Dörfer sind vernichtet. In den Gräben und neben ihnen zerschossene Tanks, Geschütze und vieles Material, natürlich auch viele Gräber von unseren und vom Feind. Also ein Bild des Grauens. –
Wir wollen froh sein, daß wir den Krieg nicht in unserem Land haben, unserem Führer dafür immer dankbar sein. Um 18.30 sind wir dann hier angekommen. Das erste war, organisieren und zwar hatten wir 4 Mann zum Abendbrot 20 Eier, heute Abend gibt es Schafleber, denn hier ist ein Schlachtzug und wir haben einen halben Eimer voll Leber bekommen. An gutem Essen fehlt es uns also nicht. Nur die Sehnsucht dürfte nicht sein, dann wäre es ja ganz schön. –
Nun hoffe ich, daß die Post bald abgeholt und Ihr, meine Lieben, sobald wie möglich erhaltet. Ich bin in Gedanken immer bei Euch und nun will ich schließen, den Brief habe ich auf meinem Schoß geschrieben weil es etwas eng zugeht und draußen regnet es.
Seit nun vielmals geküßt und herzlich gegrüßt von mir
Auf Wiedersehen, Fritz

Die ganze Luft ist geschwängert vom Verwesungsgestank. - Das ist furchtbar und das Schlechteste was es gibt. -