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Brief (Transkript)

Walter V. aus Köln an Volker W. nach Weimar am 27.03.1983

 

Walter V. Groote Keeten
27.3.83

Lieber Volker –

wir sind für ein paar Tage – bis Karsamstag – nach Holland gefahren. Es regnet die meiste Zeit, wir müssen sehr heizen, aber ich habe den ganzen Arbeitsdruck einmal vom Hals. Zwar habe ich Unterlagen für ein schon lange abzugebendes Manuskript mitgenommen, doch zweifele ich sehr, ob ich dazu kommen werde.

Inzwischen traf Dein langer Brief vom 9.2.83 hier ein. Außerdem kam die Büchersendung mit den beiden Exemplaren Deines Huch-Buches. Karl S. bedankt sich sehr für Deine Freundlichkeit; und in der WDR-Bibliothek ist die Schrift bereits registriert und bei den monatlich angezeigten Neu-Zugängen ausgedruckt.

Du klagst in Deinem Brief vom 9.2. sehr über zu viel Arbeit. Natürlich ist es klar, daß die Dinge im Archiv (einschließlich der Vorbereitungen zum Schiller-Jubiläum) Vorrang haben. Dennoch solltest Du die Jenaer Kunst-Dinge nicht aus den Augen verlieren. Du bist da schon so weit, daß es schade wäre, wenn Deine Gesamt-Publikation nun nicht (oder erst sehr, sehr spät) erscheinen könnte. Die Kunstöffentlichkeit ist im Augenblick sehr aufgeschlossen gegenüber den Anfängen der Moderne. Wer weiß, ob das so bleibt? Dies nur als kleine Aufmunterung für Dich, obwohl ich gewiß weiß, daß Du das auch alles weißt. Laß Dich dennoch aufmuntern!

Was mein zweites Baargeld-Buch angeht, so denke ich, daß es 1. entstehen sollte, daß ich aber 2. dafür keinen Termin setzen will. Der eigentlich sinnvolle Termin, Baargelds 90. Geburtstag im Jahre 1982, ist vorbei. Jetzt mag es erscheinen, wenn es fertig ist. Und es wird fertig sein, wenn ich neben meinen vielen übrigen Arbeiten dazu komme. Du siehst, ich brauche auch Aufmunterung. Endgültig geklärt werden muß auch noch die Finanzierung, denn das wird wohl kaum ein Buch, das sich selber finanziert. Ich denke, daß ich nach dem Sommerurlaub mit Kraft an diese Sache herangehe.

Was Berlin betrifft, so denke ich wohl, daß ich mal wieder dorthin komme und dann sage ich Dir auch rechtzeitig Bescheid. Vielleicht reisen wir mal mit der ganzen Familie ein paar Tage nach Berlin, weil die Kinder – besonders der 13-Jährige und die 14-Jährige – die ganz besondere Situation Berlins einmal kennenlernen sollen. Also ich melde mich da rechtzeitig.

Im Sommer werden wir wieder nach Sardinien fahren. Ich glaube, das schrieb ich schon einmal. Ich habe seit einigen Jahren Urlaub nötiger, denn ich das jemals hatte. Man merkt doch das Älterwerden. Dieses Jahr werde ich immerhin 47 Jahre. 22 Jahre davon sind von täglicher Arbeit geprägt; die ersten journalistischen bzw. schriftstellerischen Texte stammen sogar aus den Jahren 1955/56 – sind also 28 Jahre alt. Übrigens war eine meiner ganz frühen umfangreichen Texte ein Aufsatz (1956) über Günther Kunert, der damals seinen ersten Lyrikband publiziert hatte, den ich bei einem Besuch in Erfurt erworben hatte. Damals gastierte das Braunschweiger Staatstheater mit einer Verdi-Oper in Erfurt. Ich spielte als Statist in der Oper mit und durfte deshalb mit nach Erfurt reisen. Es war ein schönes, frühes deutsch-deutsches Erlebnis.

So – nun mache ich Schluß. Ich wünsche Euch alles Gute und hoffe, daß bei Euch alles gesund ist.
Dein Walter

 

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