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Brief (Transkript)

Volker W. aus Weimar an Walter V. nach Köln am 09.04.1990

 

Dr. sc. phil. Volker W. [Straße und Hausnummer]
[Telefonnummer]
DDR Weimar 5300

9. April 1990

Liebe Luise, lieber Walter,

aus Weimar gehen herzliche Ostergrüße nach Köln, die Euch hoffentlich noch zu den Feiertagen erreichen. Ich bin wieder einmal spät dran mit dem Briefeschreiben, nachdem ich in den letzten zwei bis drei Wochen immer anderes zu tun hatte.
Es ist jetzt gerade einen Monat her, daß Walter in Weimar, Jena und Gera und Erfurt war. Wie die Zeit vergeht. An unserem glorreichen Wahlsonntag habe ich erst meine Bürgerpflicht erledigt und bin dann für fünf Tage nach Basel gefahren, von dort nach Darmstadt. In Basel habe ich an einem Kolloquium teilgenommen, dort auch gesprochen, in Darmstadt war ich Teilnehmer einer Kulturkonferenz Darmstadt-Weimar. Aber in Weimar gibt es in diesen Tagen und Wochen so viel zu erledigen, daß ich eine dritte Einladung nach Frankfurt/Main sogar ausgeschlagen habe. Wie es meistens so ist, die Gespräche am Rande sind oft substanzreicher als die eigentlichen Veranstaltungen.
In Jena habe ich in der vergangenen Woche an der Ehrenpromotion für Walter J. teilgenommen, mit bemerkenswerten Reden. Vom Museum, sprich Dexel-Ausstellung, habeich nichts weiter gehört. Frau W. aus Bremen schrieb mir Ende März und bat mich um einen Katalogbeitrag. Ich habe zugesagt. Bis zu unserer Ferienwoche in Köln will ich das Manuskript fertig haben, es wird ja nicht sehr umfangreich sein.
Hier geht alles seinen Gang, trotz mancher Aufgeregtheiten auf den Strassen und in den Wohnstuben. Das Wahlergebnis schmeckt mir persönlich nicht, ich akzeptiere es aber. Jetzt kommt bei mir sogar so etwas wie Gelassenheit auf. Auf die Diskussionen um Währungsunion, Umtauschsätze etc. lasse ich mich nicht weiter ein. Da fließt noch viel Wasser Ilm und Rhein hinunter, bevor endgültig feststeht, was werden wird. Kommt der Umtausch vor Reiseantritt nach Köln, umso besser!
Eike hatte vor einiger Zeit einen kleinen Unfall, indem sie sich tiefe Schnittwunden an der rechten Hand geholt hat. Aber jetzt geht es schon wieder besser. Christian schwärmt noch immer von seinen Audi-Fahrten mit Eurem Auto. Eike macht Kommunalpolitik im Demokratischen Aufbruch, ist im Vorstand und kandidiert für die Stadtverordnetenversammlung zur Kommunalwahl im Mai. Ich gebe nicht mehr viel auf Parteienpolitik, bin ein gebranntes Kind. Gelassenheit ist meine neue Tugend (siehe oben). Ein paar schöne Ostertage wünschen wir Euch. Wir haben neuerdings wieder einen mehr! Herzlichst Euer Volker im Namen der W.s.

 

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