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Brief (Transkript)

Volker W. aus Weimar an Walter V. nach Köln am 02.03.1980

 

Dr. phil. VOLKER W. DDR 53 Weimar, 2. März 1980
[Straße und Hausnummer]
[Telefonnummer]



Herrn
Walter V.
[Straße und Hausnummer]
D 5000 Köln 1


Lieber Walter V.,

diesmal habe ich doch etwas ein schlechtes Gewissen, denn Ihre Briefe vom 1. und 2. Februar kamen bereits Mitte des Monats an. Besten Dank dafür, denn ich habe mit Interesse von all den kleinen und großen Ereignissen der letzten Zeit gelesen. Ich wollte schon längst geschrieben haben, zunächst war allerdings mein Schreibtisch für etwa eine Woche blockiert weil ich mein kleines Arbeitszimmer ausräumen mußte und in ein neues, größeres Arbeits- und Wohnzimmer zog. Die Maler- und sonstigen Umräumungsarbeiten fanden immer nur abends statt, und so zog sich das Unternehmen in die Länge. Dann wartete ich auf die angekündigten Exemplare der Festschrift. Sie schrieben mir, daß am 11. die Gesamtauflage fertig sei. Herr K. teilte mir dann mit Brief vom 11. Februar mit, daß er mit getrennter Post zwei Autorenexemplare überreichen würde. Und dann kam das Warten. Endlich am 27. kam die Sendung von Frau K. an, zur gleichen Zeit ein weiteres Exemplar von Frau M. Ich nehme an, daß das dritte Exemplar nun schon eines von den zusätzlich bestellten ist. Am 29. Februar kam dann auch durch Frau K. der bestellte Kirchner-Katalog an. Ich bin nun erst einmal etwas beruhigt, daß ich die angekündigten Sendungen bekommen habe, und kann Ihnen erst einmal die Erledigung dieser Angelegenheit anzeigen. Herrn K. habe ich heute auch geschrieben und mich für die Autorenexemplare bedankt.
Als ich das erste Exemplar der Festschrift in der Hand hielt, habe ich erst einmal alles stehen und liegen gelassen, um mich damit zu beschäftigen. Ich bin sehr angetan davon. Wenn man bedenkt, daß die Manuskripte erst im September vergangenen Jahres vorlagen und nun schon das Werk auf dem Tisch liegt, muß man einfach staunen. Auch muß ich Ihnen meine Anerkennung ausdrücken, das gilt für das Vorwort und die Bibliographie, das gilt nicht minder für die Briefeditionen Behne und van Doesburg. Vor allem beeindrucken mich die Briefe. Was steckt da für eine Arbeit darin, um sie für den Druck einzurichten. Ich muß auch Ihre kluge Gesamtregie anerkennen. Mein Glückwunsch für dieses Werk ist also in mehrfacher Hinsicht wohl begründet.
Ich möchte Ihnen auch noch einmal Dank sagen, daß Sie meine Arbeit für die Festschrift angenommen haben. Die Dokumentation gefällt mir jetzt viel besser als im Katalog Münster. (Daß es einmal Dez. 1918 Erich statt Ernst Ludwig Kirchner heißt, ist verzeihlich) Nun haben Sie mich auch noch einmal im Postscriptum Ihres Vorwortes mit so lobenswerten Worten bedacht. Es hat mir doch Freude gemacht, Hilfestellungen und Ratschläge zu geben, so daß mir diese Heraushebung fast überzogen vorkommt.
Sehr schade ist es, daß die Hinweise und Kommentare von Herrn Scharfe nicht mehr in der Gesamtheit eingearbeitet werden konnten. Er scheint doch schon sehr um Behne Bescheid zu wissen, so daß man auf seine geplante Arbeit über Behne gespannt sein muß. Ich muß sowohl die Behne-Briefe an Dexels, als auch die van Doesburgs noch einmal gründlich durcharbeiten, um daraus noch Erkenntnisse für mein Kunstvereinsthema zu gewinnen. Interessieren wird mich auch sehr der Beitrag über die Bühnenbilder. Ich habe ja Reproduktionen von Originalfotos der Brecht-Aufführung von einer Mitspielerin bekommen. Das erst einmal für heute zum Hommage-Buch, das mich noch lange beschäftigen wird, auch wenn nun wieder andere Arbeiten Vorrang gewinnen.
Es ist wirklich so, wie Sie schreiben. Hat man etwas abgeschlossen (und sein Gewissen beruhigt), wartet schon das nächste Thema; und wenn es noch so gering und vielleicht auch weniger bedeutsam ist, man braucht doch immer Zeit. Mir geht es sogar schon so, daß ich mir vorstelle, daß ein anderer als ich diese Arbeit gar nicht leisten könnte. Aber da spielt bei mir doch sehr mein Beruf mit, der mir den Zugang zu Quellen eröffnet, die ein gewöhnlicher Archivbenutzer sich nie erschließen könnte. Das Schlimmste ist, wenn man zufällig auf etwas stößt, daß unbekannt ist, von dem man aber annimmt, daß es allgemein interessiert. Und dann weitet sich das Ganze so aus, daß man fast erschlagen ist. Mir geht das jetzt wieder so, nachdem ich zufällig herausfand, daß 1854 und 1855 zwei Jenaer Fotografen den Antrag an die Universität richteten, als „akademische Fotografen“ unter die Lehrer der freien Künste aufgenommen zu werden. Und schon war ich dabei, die Anfänge der Fotografie in Jena zu erforschen, über die bisher rein gar nichts bekannt ist. Also beschäftigt mich in den nächsten Wochen und Monaten zur Abwechslung die Fotografiegeschichte.
Hat Ihre Frau die Kur bereits angetreten? Wir wünschen Ihr alles Gute, damit sie sich erholt. Eike geht in die letzten Wochen, es wird jetzt beschwerlicher. Ende nächster Woche muß sie in die Klinik, als Entbindungstermin wurde der 22. März errechnet. Das kann aber auch schon früher sein oder später werden. Deshalb kann ich keine Zusage für den Zeitraum vom 18. bis 21. März machen, wo Sie in Berlin sind. Wir müßten uns höchstens ganz kurzfristig vorher telefonisch verständigen, ob ich an einem der Tage nach Berlin kommen kann, damit wir uns dort treffen. Es würde mich freuen, wenn wir uns sehen könnten. Ich bin um 11 Uhr in Berlin, wenn wir uns auf einen Tag einigen sollten (wie beim letzten Mal im Hotel Unter den Linden). Vielleicht können Sie am Abend des 16. März durchwählen nach Weimar. Für heute beste Grüße
Ihr
Volker W.

 

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