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Brief (Transkript)

Hugo Zwanger an seine Frau am 02.09.1940 (3.2013.22)

 

Den 2. September 1940






Meine liebe Gretel!


Bekam heute morgen Deinen lieben Brief, schreibe Dir jedoch erst am Abend, da ist es schön ruhig und die anderen sind ausgegangen oder auf der Wache.
Musste zuerst noch aufräumen, meine anderen lassen eben alles liegen und stehen und wenn alles so unordentlich herumliegt, gefällt es mir schon gar nicht. War noch ein wenig bei einem anderen Kameraden auf der Stube, von dort hast schon eine schöne Aussicht auf die Alb-Kette und die weite Ebene der Fildern. Schade ist es, dass wir gerade ein Zimmer auf der Nordseite erwischt haben. Heute Mittag lagen wir zu zweit draußen am Rande des Rollfelds und nahmen ein Sonnenbad. Die Sonne ist nicht mehr zu heiß, dazu weht ein bisschen Wind. Möchte da nur wieder einmal droben auf dem Filsenberg liegen, dort in der wunderbaren Ruhe. Bei uns dröhnen eben immer die Motoren der Maschinen, welche ankommen und wieder starten. Liebe Gretel, heute Nacht war es wieder mal sehr unruhig. Lag gerade auf der Holz-Pritsche als das dröhnen der Flak-Geschütze zu hören war. Nach ¼ Stunde war es wieder ruhig, aber bald kam eine neue Welle und das Schuss-Feuer setzte ein. Bin dann doch raus und sah mit den anderen dem nächtlichen Schauspiel zu. Der Alarm dauerte diesmal lange 3 ½ Stunden, das ist für die Leute, welche im Keller sitzen müssen, kein Vergnügen. Liebe Gretel wie war es denn bei euch zu Hause, hoffentlich habt ihr Ruhe gehabt.
In Tübingen waren wieder die Geschütze zu hören, die Abwehr war selten so gross. Sah dazwischen eine Anzahl Stern-Schnuppen fallen, darunter eine sehr lang. Es sah gerade aus, als ob sie aufwärts fallen würde und nicht zur Erde. Gegen 4 Uhr heute morgen kam dann der Rest der Soldaten nach Hause, welche in den Wirtschaften vom Alarm überrascht wurden. Zum Teil schwer besoffen, sah selten solche Räusche. Die einen stehen an den Geschützen und die anderen saufen sich voll und voll!
Meine liebe Gretel, die Nachricht vom Tod von Herrn Wal Hat mich natürlich sehr überrascht. Kenne ja solche schnellen Todesfälle, aber er hat es ja gewusst, dass er schwer krank ist. Finde es nur schade, dass er seine Tochter nicht so versorgt sah, wie er es sich gern gewünscht hätte. Wie nett wäre es gewesen wenn er selbst ein Enkelkind hätte noch haben dürfen. So hat er durch unseren Friedrich noch manche Freude erlebt, da wollen wir immer daran denken und ihm ein gutes Andenken bewahren.
Meine liebe Gretel, will nun für heute Schluss machen. Auf der Stube neben werden zwei alte vom letzten Krieg entlassen, da geht es hoch her und die Stimmung erreicht dort bald den Höhepunkt. Hoffentlich wird es um 10 Uhr ruhig, damit wir schlafen können. Diese Nacht werden die Tommys nicht kommen, damit wir nicht unnötig aufgeweckt werden.

Lass es Dir gut gehen, es grüsst und küsst Dich liebe Gretel sehr herzlich
Dein Hugo

 

 



Ansicht des Briefes

 

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