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Brief (Transkript)

Otto Ewig an seine Familie am 21.01.1943 (3.2002.1290)

 

21. 1. 1943



Meine Lieben!

Nach einer 5-tägigen Reise sind wir in Debica, 126 km östl. von Krakau – Richtung Lemberg, angekommen. Sechs Nächte und 5 Tage sitzend im Personenabteil, war keine reine Freude. Doch es geht alles vorüber. Wir liegen in einem Verwundungs-Reserve-Lager, einem ganz ausgedehnten Gutshof, sehr eng zusammengepfercht 42 Mann in einem Raum. Kalt ist es nicht, es ist Tauwetter. Der polnische Dreck ist mir ja von 1939/40 bekannt. In Bochnia, wo wir zuerst hin sollten, war kein Platz, wir sollen hier noch eine zusätzliche Ausbildung erhalten, auch im Fahren von großen 5 To mit Anhängern. Vorläufig bin ich den LKW-Fahrern zugeteilt. Bei Bedarf wird man vielleicht auf den in den Begleitpapieren angegebenen Verwendungsvermerk – PKW-Fahrer – zurück kommen. Wenn das nicht ist, macht es auch nichts, denn es soll besser sein im größeren LKW-Verband zu fahren, wie als einzelner PKW-Fahrer. Im Ganzen sieht es so aus, als ob man noch keine richtige Verwendung für uns hätte. Man wartet ab, denn sie sagen immer wieder, das geht alles vom Kriege ab. Partisanengefahr besteht hier noch nicht. Der Ort hat etwa 10 - 12000 Einwohner, schmutzig und verdreckt wie alle polnischen Orte. Die Preise sind mächtig hoch, eine Schachtel Streichhölzer 75 Pf., 1 Zigarette 1 RM, 1Fl. Schnaps 100 RM, ein Paar Stiefel 1500 RM. Natürlich komme ich wieder mit meinem bekannten Anliegen, ich könnte das Februar-Kontingent sehr gut gebrauchen, aber bitte bald unter Einschreiben an unten stehende Adresse senden, denn es kann ja sein, dass wir nicht mehr sehr lange hier bleiben.
Feldpost
Kf. Otto Ewig, Debica
Distrikt Krakau II
3. Komp. V.R.
Ich würde mich sehr freuen, von Euch bald Post zu bekommen, denn ich bin nun ganz von der Heimat getrennt, auch mit Kirchen habe ich noch keine Verbindung. Übrigens das wollte ich Dir, lieber Peter, noch schreiben, die letzten 2 Päckchen „Rhein-König“ waren durch und durch verschimmelt, der Geschmack war natürlich sehr schlecht. Hoffentlich gehts Dir, lieber Peter, gesundheitlich wieder etwas besser. Wie gehts Dir, lieber Vater und liebes Paulchen? Jaco ist ja in Kirchen gut aufgehoben. Ihr könnt Euch nicht denken, wie sehr ich mich nach meinem früheren Leben zurücksehne und nach der guten Pariser Zeit. Erstklassiges Hotel, jetzt 42 Mann in einem engen Raum, der eine fällt über den anderen. Seine Brote macht man auf dem Strohsack, schreiben ebenfalls. Wir haben seit 9 Tagen kein warmes Essen bekommen, die Küche des Lagers ist noch nicht eingerichtet, da warten wir auf das erste arme Essen im Soldatenheim, das sehr gut ist. Nun meine Lieben grüße ich Euch herzlichst und warte sehr auf Post und Päckchen.
Euer Otto

 

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