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Brief (Transkript)

Paul Rockstroh an seine Ehefrau am 10.02.1917 (3.2011.2334)

 

10.2.17.



Mein liebes Gretel!
Nun schon das 2. Mal während des verfl. Krieges bin ich gezwungen, Deines Geburtstages in Feindesland zu gedenken. Nichtsdestoweniger sind meine Wünsche keineswegs weniger innig u. herzlich, als wenn ich persönlich in Deiner Nähe wäre. Nimm also meine herzlichsten Glückwünsche entgegen zu dem Tage, an dem Du Dein 37. Lebensjahr vollendest. Gebe der liebe Gott, daß Du diesen Tag noch recht oft in voller Gesundheit erleben mögest u. daß Du vor allem in diesen schweren Zeiten die nötige Kraft hast, Deinen Doppelposten als Mutter u. stellvertretender Vater auch weiterhin auszufüllen. Nebenher wünsche ich auch in meinem Interesse, daß der verd. Kitt nun bald ein Ende findet u. wir wieder zusammen in aller Häuslichkeit unsern Kohl bauen können.
Als Geburtstagsgeschenk kann ich Dir nun diesmal nichts weiter überreichen als einl. Bildchen. Zur Erläuterung teile ich Dir mit, daß die Aufnahme in unserem trauten Heim erfolgte. Mein Gesicht ist zwar nicht ganz scharf getroffen, aber immerhin als das meinige zu erkennen. Die 3 Sitzenden beschäftigen sich mit Schälen von Kohlrüben, denn diese Frucht ist jetzt derartig in Aufnahme gekommen u. findet z. Zt. eine solch mannigfaltige Verwendung, daß man sich wundern muß, wo die Biester nur herkommen. Kohlrüben werden nicht nur allein gekocht, sondern auch in Verbindung mit Graupen oder Bohnen oder Kartoffeln oder Grütze usw. Du glaubst gar nicht, welche Mannigfaltigkeit in dieser Beziehung die Küchenbullen erzielen. Das Schwierigste dabei aber ist, daß diese so „beliebte“ Frucht so stark gefroren ist, daß man sie mit dem Beile entzwei schlagen muß, wenn man nicht vorzieht, sie erst einige Tage lang in einen geheizten Raum zu stellen, und sie aufzutauen. Der rechts stehende sucht sich sich mit einer Cognacbulle sein Innerstes zu erwärmen, nur ist es schade, daß sie leer ist. - Der mittlere oben ist im Begriffe, sich einen Kanten Brot abzuschneiden, wendet aber seine Augen mit Grausen von mir, da ich mir eine Scheibe Schlackwurst absäbeln will.
Von meinem angehenden Vollbart legt das Bild wohl auch Zeugnis ab. Er ist aber schon mal verschnitten worden. Lang darf ich ihn nicht wachsen lassen, da sonst die Gasmaske, die ein Jeder erhalten hat, nicht ordentlich schließt.
So, das wäre nun vorläufig alles. Feiert Deinen Geburtstag recht hübsch u. denkt denkt dabei auch mal an
Euren fernen
Papa.
Meine vollständige Adresse ist:
Arm.-Sold. R., Armier.-Batl. 162,
1. Komp., 20. Korporalschaft,
Deutsche Feldpost 131.

 

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