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Brief (Transkript)

Paul Rockstroh an seine Ehefrau am 17.10.1915 (3.2011.2334)

 

Serbien, den 17.10.15.



Liebe Frau & Kinder!
Gestern Abend um 10, 3 km vom Feinde entfernt, war bei uns noch große Bescheerung. Nach 8 Tagen war endlich die Post herangekommen u. erhielt ich Deine Briefe vom 9. & 12. ds[?] sowie 5 Packete, 4 von Dir & 1 von Reichenbach mit Schnaps. Dennoch fehlen noch 3 von Dir. Die 4 enthielten: Wurst & Speck, 1 Büchse Wurst, Wollsocken und Batterie, Kocher mit Esswaren. Habe vielen Dank dafür. Die Wollsocken packe ich noch in meinen Tornister. Das andere lasse ich mir bestens schmecken.
Was Du mir alles schreibst, hat mich sehr interessiert. An Dorre[?] habe ich heute geschrieben. Er liegt nicht in unserer Nähe. Was uns betrifft, so sind wir seit vorgestern dicht hinter der Front zur Reserve unserer Schützenlinien. Unter diesen Umständen müssen wir natürlich im Freien kampieren, was während des Nachts insofern nicht angenehm ist, als der heftige Sturm, der hier seit 6 Tagen geht, uns frieren läßt. Heute hat er aber nachgelassen. Direkt im Feuer waren wir noch nicht, sind aber vorgestern Nacht von den Serben mit Schrapnells beschossen worden, wobei von der I. Komp. 2 Mann verwundet wurden. Beide mit Heimatschüssen. Die können sich freuen, die können wieder nach der Heimat zurück & bevor sie wieder hergestellt sind, ist vielleicht der Krieg zu Ende. Alle verwünschen diesen Krieg; Jeder möchte gern nach Hause. Es geht hier noch insofern, als die Serben nicht allzu gefährlich sind, da sie wenig Artillerie haben. Auch halten sie, wenigstens bis jetzt, nicht allzu sehr Stand. Sie rücken aus, wenn wir zum Sturmangriff vorgehen.
Der heftige Sturm ist auch noch deshalb unangenehm für uns gewesen, als infolgedessen die Feldbäckereien & sonstige Fuhrwerke nicht über die Donau setzen konnten. Wir haben deshalb noch kein Brot bekommen können & Leute von uns sind dabei, solches aus Mais, der hier massenhaft vorhanden ist, zu backen. Es schmeckt gar nicht übel. Außerdem bekommen wir noch Zwieback. Bisher haben wir aber genug Fleisch gehabt. Das Federvieh hat in den Dörfern, wo wir waren, mächtig abgenommen. Die nachfolgenden Truppen werden gar nichts mehr vorfinden. Von jetzt ab werden wir allerdings nicht mehr oft ein Dach über den Kopf bekommen. Auch diesen Brief schreibe ich im Walde auf dem Tornister unter heftigem Feuer der vor uns kämpfenden Truppen. Waschen giebt es auch nicht mehr. Seit unserem Ausrücken haben wir stets unausgezogen geschlafen. Es geht aber allen so und auch ich werde den Mist schon überstehen.
Daß die Kinder recht schön essen, freut mich. Auch daß sie recht artig sind & sie Dir keinen Ärger machen, höre ich gern. Wenn wir nur erst wieder beisammen sein können, dann soll es schon schön werden.
Vergiß nur nicht, mir alle 10 Tage eine Batterie zu schicken. Vor allem sende mir sofort 2 Birnen. Meine ist kaput gegangen u. habe ich mir einstweilen eine geborgt. Laß sie aber gut verpacken.
Und nun, mein liebes Gretel, sei Du & die Kinder herzlichst gegrüßt von
Eurem
Papa.

 

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