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Brief (Transkript)

Ernst Rasch an seine Eltern am 26.04.1917 (3.2002.9052)

 

A. H. Qu. 26.4.17.


St. Avold (Lothringen)

Liebe Eltern!
Dienstag früh um ½ 5 bin ich hier eingetroffen, nachdem ein am Montag gemachter Versuch, in Anbetracht der Kriegstochter noch einige Tage Urlaub zu bekommen glänzend gescheitert war. In nicht gerade rosiger Stimmung kam ich hier an, zumal da Riechen Fieber – wenn auch niedrige Temperatur – und an einigen Stellen des Körpers eine Art Ausschlag hatte. Wir befürchteten zuerst Masern. Aber, wie ich gestern Abend am Telefon hörte, ist daraus nichts geworden. Unser vorzüglicher Arzt (Prof. Homeyer) führt es auf Pyramidon oder irgend einen Bazillus in einer Speise.
Sonntag kamen Eure lieben Glückwünsche, wofür ich Euch herzlich danke. Möchten wir im Anschluß an V\'s Kommando vergnügt u. gesund die Tochter Hilde zusammen taufen können, das ist zunächst mein größter Wunsch. Meine Versetzung hierher ist ja insofern schön, als sie mir die roten Streifen brachte, aber daß ich immer und eig hier in dem stießligen Lothringen sitzen muß an einer Front, wo nichts los ist, das ist wenig erfreulich. Kameradschaftliches Leben gibt es hier so gut, wie gar nicht. Im Kasino sitzt alles durcheinander an kleinen Tischen, jeder kommt zu verschiedenen Zeiten u. geht auch so. Den Mittag über habe ich alle 2-3 Tage von 1-2 00 oder 230-40 Dienst, dann hockt man auch noch auf dem Büro rum. Der Betrieb (feste Bürostunden) dauert von 9-10, und 4-1/2 9°. Chef ist ein Major v. Esebeck, O. Quartm. ist Coburg, mein früherer Chef bei der Et. Insp. Immerhin ist es ganz angenehm, daß ich viele Herren schon kenne. Telefonverständigung ist ganz ausgezeichnet, das ist eine große Hauptsache. Meine Wohnung ist höchst mäßig, doch habe ich Aussicht, in etwa 3 Wochen eine nettere zu bekommen.
Solltest Ihr noch mal ein Pfund Butter für Riechen auftreiben können, so würdet Ihr damit dem Hause Markenbildchenweg 29 viel Freude bereiten können.
Mit Willi telefonierte ich Samstag, doch ist nichts Neues zu berichten.
Seid herzlichst gegrüßt
von Eurem
tr. Ernst.

 

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