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Brief (Transkript)

Ehefrau an Ernst Rasch am 12.12.1916 (3.2002.9052)

 

Coblenz, E. H. O. 12.12.16.


Markenbildchenweg 291.Dienstag Abend 8 0,
am Tage der Friedensbotschaft des Kaisers.

Mein liebes Lieb!
Einen Brief hatte ich eben schon an Dich angefangen, er war mir aber zu sentimental geworden, da habe ich ihn zerrissen. Eigentlich wollte ich Dich anrufen, lasse es aber lieber, weil Du vielleicht enttäuscht sein würdest, wenn Du statt Jubelrufen am Hörer die Alltagsstimme von Deinem Peppe[?] vernähmest. Bei Tisch wurde vom Obstlt. Jodl, OrtsRdt, das Kaiser-Telegramm ans Heer verlesen. Die Folge war die, daß die Unterhaltung natürlich sehr angeregt wurde, aber weiter auch nichts. Denn wir sind und alle klar darüber, daß man zunächst nichts weiter tun darf, als abwarten. Wenn man wüßte, ob das Angebot gemacht wird, nachdem man nach der Entente Fühler ausgestreckt hat und auf dankbare Objekte gestoßen ist, so wäre ja viel Grund zum Hoffen da. Aber so weiß man gar nichts. Ist es geschehen, um unseren ehrlichen Willen zum Frieden zu zeigen, wird es uns von den Feinden nichts als höhnische Zeitungsartikel einbringen, wie groß wird die Enttäuschung sein, wenn die Sache ins Wasser fällt? Das sind Fragen, die hin und her besprochen wurden. - Aber hoffen wollen wir fest und zum l. Gott bitten, er möchte bald den Frieden geben.
Dein lb. Brief mit 1000 Fragen soll mit 1000 Dank beantwortet werden.
Frage 1: wo steht die Rolfs-Bank? Antwort siehe Rückseite des Bildes.
Frage 2: Zucker und Wurst (1. Teil, 2. kommt in 4 Tagen) ist heute mit Wäsche abgegangen.
Frage 3: Gebet. Verfasser unbekannt. Es geht hier von Hand zu Hand in der Bevölkerung.
Frage 4: Stambach Abend Samstag. Stimmung sehr gemütlich, Schwenk sang ganz wundervoll
Frage 5: Dein Weihnachtsgeschenk betreffend. Kann nicht beantwortet werden.
Frage 6: Adresse Morjan: Gefreiter Morjan bei Herrn Hptm. Rasch
Zabern i. Els. Hotel Fischer.
Frage 7: Taktik – Arbeit. Ried. und meine sind arg zerpflückt, er (Coburg) will eine ganz andere Lösung. Ried. sagte er würde es dennoch in der Praxis genau so machen, wie wie er getan, entgegen Cob.\'s Ansicht. Ich hatte dieselbe Lösung wie Ried. verzapft.
Frage 8: Frau Ried\'s Kommen. Er fragte mich bei Tisch, wann Du kämest, er habe nämlich seiner Frau geschrieben, sie möchte auch kommen. Antwort steht noch aus. Sie wohnen beide bei Fischer dann. Wann Ried. auf Urlaub geht, weiß ich nicht.
Frage 9: Weihnachten: Ich würde an Deiner Stelle am Hlg. Abend zur Schloßkirche gehen wie in früheren Jahren und am 1. Weihnachtstag Mittags bei Herrn Baron essen. Ich werde wohl am 1. Feiertag zur Kirche gehen, da herr v. C. am Hlg. Abend im Bürodienst keine Änderung eintreten lassen wird, so wie wir ihn taxieren.
Gestern abend war es netter, als sonst in Stambach, Chef, Jodl und Obstlt. Weber fuhren um ½ 110 weg, der Intendant, Henrich und ich blieben noch bis 20, heute mußte ich um ½ 7 aufstehen, das war nicht angenehm, der Mittagsschlaf hat mich aber wieder ganz in die Reihe gebracht. So jetzt ist es 20 vor 9, Dein Peppe[?] hat argen Hunger.
Träum nicht zu viel vom Frieden, Kerlchen.
Ich küsse Dich
Pepps[?].
Merkwürdig, in einem Deiner letzten Briefe gabst Du noch eine Schilderung eines Friedenstagewerks in Rasch\'s.

 

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