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Brief (Transkript)

Ernst Rasch an seine Ehefrau am 21.10.1918 (3.2002.9052)

 

K. H. Qu. 21. X 18.



Mein liebes Geburtstagskind!
Den Geburtstagsmannstisch kann ich Dir nicht aufbauen, erstens habe ich nur wenig und zweitens bin ich immer noch „z. Zt. im Felde! So sollen wenigstens meine innigsten und treuesten Wünsche rechtzeitig bei Dir sein, bleibt gesund und vergnügt, in zwei Worten gesagt: meine Memme! Das neue Lebensjahr fängt nun gleich mit einer harten Nuß an, die 2te Kriegsgeburt ohne Gemahl! Ich wünsche von ganzem Herzen, daß alles glatt geht und Du den schuldigen Tribut bereits durch die dauernde Krankheit während der Schwangerschaft gezollt hast. In einem Monat bist Du hoffentlich wieder flott. Schimpfe mir nur nicht zu sehr auf die Sander /sehe/ sie meint es gut trotz aller Borniertheit.
Als Gaben habe ich nur eine ordentliche Portion Zucker und Rosinen, sowie Kunsthonig, noch beim XVIII. R. K. erstanden. Kann es aber wegen der Sperre nicht zu Dir befördern. Ferner bitte ich Dich, Dir einen schönen Blumentisch oder Dir „etwas auf den Körper zu ziehn“ zu erstehen; ich weiß nicht, ob meine Eltern Dir Seide zu einer Blouse oder einen Regenmantel schenken, also je nachdem; aber anständig und solide. Ich hätte es gern mit Dir ausgesucht, aber das bedeutungsschwere Wort „Frieden“ ist wieder in die Ferne entschwunden! Frau Dillmann soll Dir ein Blümchen schicken und Frau Schaaf etwas Leckeres. Zu Letzterem habe ich wenig Zutrauen – es war im vorigen Jahre schon nichts, aber ich weiß keine bessere Quelle.
Hoffentlich sind zahlreiche Gratulantinnen zur Stelle, einige vom alten Stamm werden ja fehlen, wie Madame Herff, aber über diesen Schmerz wirst Du wohl hinweg kommen.
Nun will ich mal den Stoß Briefe beantworten, auf den ich in den letzten Tagen nicht eingehen konnte.
Brief vom 8. Würde Dir raten, doch mal zu Frau Heintzmann zu gehen, sie hat Dich gern und es wird ihr eine Erleichterung sein, mit Dir zu sprechen. Ich schrieb ihr einige Zeilen, mehr konnte ich nicht, sage ihr nochmal, daß es mir ganz schrecklich leid täte.
Brief vom 9. Hajo bringt auch alles fertig: Fondants[?]! Über die Art, wie er es erreicht, habe ich neulich genug gehört. Dann lieber hungern! Rechnung de la Camp angemessen – hatte damit gerechnet. Ist bereits durch Leop. Selig. angewiesen. Ich glaube auch, daß meine Eltern im Frühjahr abbauen, zureden brauchst Du nicht, sie werden es schon von selbst tun; es ist auch reichlich genug, über 50 Dienstjahre. Stänzner hat sich nicht eingehend über Cosack ausgesprochen, lobte ihn jedoch. Packet meiner Eltern ist nicht angekommen, gebe es jetzt verloren. Deine Absicht, Äpfel duch Else A.-L. mir zukommen zu lassen, ist famos; aber tue es lieber nicht, sie würden in faulem Zustande eintreffen, wenn sie überhaupt ihr Ziel erreichen. Morjans's Verbleiben ist stets unsicher, gestern ist er noch mal untersucht worden; ich möchte wissen, wie oft schon, Resultat natürlich stets: Kv. Rechnung Eichert war eine Überraschung. Steht sonst noch etwas aus? Allmählich muß Schluß sein. Wenn Herr Baron Dir Geld zu Weihnachten, ich meine natürlich Geburtstag u. Kind schenkt, kassiere es gleich ein, mit dem Geburts-Geld operiere bitte selbst; ich meine Frau Sander und Michel berappen, ich hoffe doch sehr, er löst sich wieder mit einer anständigen Summe.
Brief vom 11. Ich bezahle also bei Eichert: 292,95 M. Gail ist auf meinem Büro als Ordonanz beschäftigt. Bilkinski hat die Pferde. Morjan z. Zt. ungenießbar, hat von Zeit zu Zeit einen Koller. Ich habe ihn mal ordentlich belehrt!! Du schreibst: „Seligmann schickt Quittung bargeldlos Krankenkasse über 984 M, soll wohl 9,48 M heißen – hoffentlich.
Brief vom 10. X: Kann mich noch immer nicht von dem Schreck über Deine Absicht, an Ludendorff zu schreiben, erholen, Du bist mir eine Memme! Hast auch nicht vor dem Heiligsten Scheu!!
Bei meiner vorgestrigen Fahrt ins rückwärtige Gebiet sah ich in Fourmies an einem Hause angeschrieben: Armeeflackschule. Da ich wußte, daß unser Syffert der Leiter ist, ließ ich halten und traf ihn auch gleich. Wir tranken bei ihm einen vorzüglichen Eierkognok, er zeigte mir ein Bild seiner Frau, anscheinend guter Geschmack, sie lebt z. Zt. in Ulm. Er hatte anscheinend große Freude einen alten Rgts.-Kameraden wieder zu sehen; war äußerst vergnügt und im Wesen unverändert – immer noch etwas Jagdhund. - Heute Vorm. rief schon um 8° der Chef an, er erteilte einen Befehl, der mich den ganzen Vormittag beschäftigte, nach dem Essen Mittagschlaf, der aber schon um 3 ¼ von Menschen unterbrochen wurde, die etwas von mir wollten. Jetzt habe ich nun mal in Ruhe schreiben können. Post noch nicht da, wird jetzt meist beim Abendessen verteilt. Essen ist hier doch wesentlich schlechter, als beim XVIII. R. K. Demnächst werde ich mal wieder hinfahren. z. Zt. sind einige Kämpfe dort im Gange, da werden sie wenig Zeit für mich übrig haben. So nun Schlußkuß mein Affe!
Ich muß noch einiges mit meinem Hilfsoffizier Feldwebel Beilke besprechen.
Ein ganz besonders schönes Geburtstagsküßchen für Dich und entsprechend kleinere für die Kinder.
Dein treuer
Peppe.

 

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