Nach Zeitraum suchen

von 
bis 
SUCHE ZEITRAUM
Bestandskatalog PDF

Brief (Transkript)

Kurt L. an seine Mutter am 19.2.1943 (3.2002.0885)

 

O. U., den 19. Februar 1943



Liebe Mutter!

Heute will ich diesen Brief anfangen, um ihn bei nächster Gelegenheit beenden und der Post geben zu können. Du wirst wohl schon bemerkt haben, dass meine Nachrichten jetzt spärlicher werden. Aber es liegt daran, dass wir jetzt meist 10 Tage im Einsatz sind und keine Post empfangen und absenden können. Diese Gebiete, in denen wir uns dann aufhalten liegen immer abseits jeder Verkehrsmöglichkeit. So schlecht waren wir noch nie dran mit der Post, wie in letzter Zeit. Wir waren wieder mit Schlitten unterwegs und haben hier in den Ausläufern der Pripet Sümpfe nicht sehr schöne Arbeit gehabt. Ganze Dörfer, die Banden Unterkunft und Ernährungsmöglichkeiten gaben, wurden mit allem Drum u. Dran vernichtet. Inzwischen ist richtiges Aprilwetter eingetreten und schmilzt uns der Schnee hier weg. Mal schneit, regnet es und mal scheint die Sonne. Die Straßen sind daher schon recht matschig. Aber unsere kleinen Schlitten kommen ganz gut durch den Dreck. Diese Gegend weist sehr viel Vieh auf und zwar recht gutes. Es wurde alles hier weggetrieben. Wir haben daher in letzter Zeit sehr gut gelebt. Ich kann schon gar kein Fleisch mehr sehen, soviel hat man in letzter Zeit davon gegessen. Wir haben neulich zu 3 Mann ein schönes Schwein geschlachtet und haben das ganze Fett zu Schmalz ausgelassen. Jeder hat einen schönen großen Steintopf voll. Hoffentlich hat man auch Gelegenheit ihn bald nach Hause schaffen zu können. Aber an Urlaub ist vorläufig gar nicht zu denken. Die Urlaubssperre besteht nach wie vor. Wir haben ferner noch 4 Gänse und 7 Hühner lebend bei uns, die uns für schmale Tage einen Braten liefern sollen. Mit der Zeit ist man für solche Tiere ein perfekter Koch geworden. Mit 2 Schlitten fuhren wir in den Einsatz und mit 5 Schlitten kehren wir zurück. Hoffentlich kehren wir nun morgen zu unseren Autos zurück, wo wir doch das ganze übrige Gepäck zu liegen haben. Unter anderem haben wir auf dem Auto noch einen lebenden Hammel. Die Fahrzeuge bleiben immer in einer größeren Kleinstadt an einer der wenigen Hauptstraßen zurück, da sie hier auf den schlechten Nebenstraßen nicht fahren können. Die Hauptstraßen wurden ja mit Schneepflügen fahrbar gehalten. Ein ganzer Berg Post wird dann wohl wieder auf uns warten. Es wird auch wieder Zeit die Wäsche zu wechseln. Denn in den letzten Tagen war es mit Quartieren sehr schlecht für einen größeren Verband, wie wir sind, bestellt. In der Gegend gibt es wenig Dörfer, sondern nur einzeln stehende Gehöfte, wo wir manchmal mit der ganzen Kompanie in zwei Häusern unterkommen mussten. Es war also manchmal nicht zum treten, so lagen wir übereinander. Sonst geht es mir gut. Hoffentlich ist es dort nun auch wärmer geworden. Schreibe morgen wieder. Es wird ja wohl von Dir auch Post eingegangen sein.

21. Februar 1943.
Bei meiner gestrigen Ankunft hier fand ich Deinen Brief vom 1.2. vor, für den ich danke. Man kann gar nicht alles so schnell verarbeiten, von Lucie waren es allein 9 Briefe, die ich studieren mußte. Vielleicht muß sie nun auch wieder arbeiten gehen. Wahrscheinlich kann sie doch nach den neuen Bestimmungen auch dienstverpflichtet werden. Ihre Schwester ist bereits von ihrer alten Firma weggeholt worden. Denn die Warenhäuser werden doch sicher alle jetzt geschlossen. Hier ist noch weiter Tauwetter. In 4 Tagen werden wir wohl wieder losziehen. Es sind wenigstens ein paar Tage Ruhe. Wir müssen uns inzwischen Panjewagen besorgen, da es mit Schlitten kein durchkommen mehr ist. Die gestrige Rückfahrt mit Schlitten ging schon sehr schlecht. Hoffentlich ist Jochen gut aus dem Kaukasus rausgekommen. Ja es waren keine erfreulichen Nachrichten von der Südfront. Es wird ja hoffentlich wieder besser werden. Lucie wird Dir wohl inzwischen wieder geschrieben haben. Von Hans fand ich auch eine Karte vor. Auch Tante Frieda schrieb, dass Werner 3 Tage nach Dessau kommen konnte. Es war zu einem Kursus nach Hamm i. Westfalen abkommandiert. Sie ist froh, dass sie Rolf nun nicht eingezogen haben. In Berlin ist ja nun wohl in letzter Zeit kein Alarm mehr gewesen. Hoffentlich kommen Eure Polen wieder zurück. Sonst kann ich Euch vielleicht ein paar Russen schicken? Nun habe ich Dir ausführlich geschrieben. Bis zum nächsten Brief wird es wohl wieder eine Weile dauern. Mit herzlichen Grüßen an Dich und Hilde bin ich Dein Kurt.

 

top