Nach Zeitraum suchen

von 
bis 
SUCHE ZEITRAUM
Bestandskatalog PDF

Brief (Transkript)

Otto Madl an seine Schwester am 01.09.1941 (3.2002.7163)

 

Langwasser,1.9.1941



Liebes Fannerl!

Deinen lieben Brief mit Inhalt heute erhalten und danke Dir recht herzliche dafür. Du hast halt auch ein gutes Herz für einen Soldaten, aber gar soviel kann ich nicht immer annehmen, denn Du brauchst ja auch Dein Geld. Wie soll ich meine Schuld gutmachen. Vielleicht ist es mir im Leben auch einmal möglich, wo ich meine Dankbarkeit beweisen kann, für Deine Gutheit.

Ja Fanny, heute hast mir wieder eine lange Predigt gemacht und so viel Trost gegeben, Deine Briefe sind genau so geschrieben, als wenn Du zu mir sprechen würdest. Es erinnert mich immer, wenn Du so schreibst, als wenn ich zu Hause bei Dir wäre und wir beide am Tisch eine lebhafte Unterhaltung hätten, während meine Cilly am Kanapee schläft. Du kannst ja so eindringlich zureden und genau so schreiben. Ja, wenn man da nicht Nerven wie Eisen hätte, dann müßten einen die Geduld ausgehen, aber man muß immer überlegen, was man sagen darf und nicht.
Ich kann Dir doch nicht schreiben, mir geht es sehr gut, wenn es nicht der Fall ist. Du wirst doch Verständnis haben und wirst es nicht so schlimm auffasse, wenn ich ab und zu etwas ungünstig schreiben muß.

Bei uns sind alle Jahrgänge vertreten, von 19 bis 45 Jahren. Wenn ich Dir schreibe, daß der Dienst hart ist, so lüge ich Dir nicht vor. Nur ein kleines Beispiel, die Stiefel ziehe ich morgens um 7 Uhr an und bleiben an den Füßen bis nächsten Tag nachmittags 2 Uhr, während der Nacht schlafe ich ab und z eine Stunde auf einer Holzbank, dann heißt es wieder auf, so geht es zu, eine Nacht schlafen, die andere wachen. Nun wirst Du begreifen, wenn ich ab und zu eine schlechte Stimmung habe. So wird es wohl nicht lange dauern können.

Wenn ich nach Nürnberg gehe, muß ich mir auch die Zeit für einige Stunden stehlen. Das Essen ist ja überall gleich ob Grafenwöhr oder wo anderst, aber man muß es essen, weil man doch was Warmes auch braucht. Ich kann es Dir nicht alles schildern.

Heute soll ich noch Gewehr reinigen, aber zuerst schreibe ich nun Deinen Brief fertig. Du sollst nur den Ersatz sehen, den wir bekommen, einer hinkt, der andere hört und sieht nicht, da würde Lehner Jakl noch der strammste Soldat sein.

Nun liebe Fanny kannst Dir ungefähr denken, wie es ist, ich werde es Dir schon alles selber erzählen, wenn ich wieder daheim bin. Diesen Brief läßt niemanden Fremden nicht lesen, die brauchen es nicht wissen, wie es mir geht. Wenn ich im Schreiben bin, dann ist es mir, als wenn ich mit Dir reden könnte und immer fällt mir was ein.
Ich bin ja der festen Meinung, wie ein altes Sprichwort heißt „Nichts Besseres kommt nicht nach“. So wird es halt werden, wenn wir von hier weg kommen. Sei nur ganz ruhig ohne Sorgen, wenn es die anderen aushalten, dann ich erst recht. Denn ich bin viel gesünder als zu Hause und zäh wie eine Katz.

Heute liebe Fanny ist ein Jahr, daß unser lieber Vater verschieden ist, aber man muß die Toten wirklich beneiden, die haben ihre Ruhe gefunden, auf dieser ruhelosen Welt. Du brauchst Dir ja nicht denken, daß Du nun alleine auf dieser Welt bist, weil Du keine Eltern mehr hast. Ich und Cilly werden für Dich jederzeit alles tun, wenn Du einmal in Deinen Leben Hilfe brauchst. Wenn es auch manchmal Zwistigkeiten geben sollte, denn wir sind alle Menschen und keine Heiligen, um so besser soll man hernach zusammen halten.

Nun muß ich Dir auch noch was anderes schreiben, Du kannst Dich doch noch gut erinnern, wie die Sudetenländer schrieen „Wir wollen heim ins Reich“ und glaubst wie sie jetzt sagen „Wir wollen heim, es reicht.“

Heute habe ich Dir bestimmt genügend geschrieben, dann kannst nicht sagen, ich nehme mir nicht Zeit für Dich zum Schreiben.
Schreibe auch Du bald wieder.
Sei für heute recht herzlich gegrüßt
Otto
Gruß an meine Cilly.

 

 



Ansicht des Briefes

 

Briefe aus diesem Konvolut:
top