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Brief (Transkript)

Therese H. aus West-Berlin an Annegret S. nach Ost-Berlin o.D.

 

Meine liebe Anne!

Ziemlich spät, hoffentlich aber nicht zu spät, ging kürzlich ein Päckchen an Dich ab. Anne, es ist wirklich nur eine kleine Aufmerksamkeit. Mir wäre es lieber, wenn konkrete Wünsche vorliegen würden. Na, Du hast ja bald Geburtstag. Bitte schreibe mir Deine Wünsche! Ich sortiere mir schon, was ich verkraften kann. Schließlich sind wir doch Freundinnen, da ist ein offenes Wort immer angebracht! Mir ist es sehr schwergefallen die vielen „Geschenksendungen“ fertig zu machen, denn man hat doch längst nicht mehr die Ahnung was gebraucht wird. Übrigens herzlichen Dank für Deine lieben Bemühungen um meinen Opa, aber ich habe Angst. Diese Krankheit ist zu unberechenbar, es kann unter ungünstigen Bedingungen Jahre dauern. Ich glaube, ein paar Jahre werden wir noch warten! Kommt Hanne zu Weihnachten? Wir werden auch (leider) nicht allein sein, denn meine Schwiegermutter kommt am 23. Und am 1. Feiertag kommt auch noch eine Tante von Günther aus Göttingen. Dabei hatte ich mich so sehr auf „ruhige Feiertage“ gefreut. Aber auch diese Zeit wird vorübergehen. Ich hätte ja nichts dagegen gehabt, wenn unsere Mutter schon paar Tage früher gekommen wäre, da hätte sie wenigstens für mich einkaufen gehen können etc., aber so habe ich die ganze Arbeit allein. Naja, ich bin ja Kummer gewöhnt. Ich bin noch immer im Tempelhofer Geschäft. Mir gefällt es da nicht besonders gut, fast ausschließlich alte Tanten, anspruchsvoll und grillig! Aber es muß halt sein und ich bin das geplagte Geschöpf dabei! Nun halte mir bloß die Däumchen, daß wir einen guten Geschäftsführer finden, damit ich endlich wieder in die Turmstr. kann. Entschuldige, daß ich Dich mit meinen kleinen häßlichen Alltäglichkeiten belästige, aber ich bin schon ganz verkümmert unter den alten „Jungfrauen“! Außerdem habe ich seit Monaten keinen freien Tag mehr gehabt. Günther gibt sich zwar die größte Mühe, mich zu entlasten, Hausarbeit macht ihm Freude, aber viele Sachen bleiben eben doch liegen!
So, nun sind die vielen Feiertage überstanden, meine Schwiegermutter ist auch wieder fort und das Sechstagerennen kann seinen gewohnten Gang gehen. – Inzwischen ist auch Dein Päckchen angekommen. Vielen vielen Dank, Du glaubst gar nicht, was für eine große Freude Du mir damit gemacht hast. Das es sowas überhaupt noch gibt, ist mehr als erfreulich. Auch ansonsten war der Weihnachtsmann bei uns ziemlich fleißig, d.h. wir haben uns gekauft was wir dringend brauchen. So haben wir uns endlich Daunendecken geleistet. Es ist eine ganz große Wucht! Dazu kamen noch andere Sachen für Haus und Wohlbefinden! – Anne, nun drängt schon wieder die Zeit, also bitte postwendend Wunschzettel! – Heute muß ich noch paar Karten und Briefe schreiben! Daher für heute ganz ganz herzliche Grüße und nochmals tausend Dank
Deine Therese

Günther läßt auch herzlich grüßen!

 

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