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Brief (Transkript)

Therese H. aus West-Berlin an Annegret S. nach Ost-Berlin am 19.09.1966

 

Berlin, 19.9.66

Meine liebe Anne!

Also zuerst meinen aller-aller-herzlichsten Dank für Deinen Anruf. Ich habe mich ganz riesig gefreut. Zweitens innigen Dank für die zauberhaft schöne Decke, die Günther vorige Woche abgeholt hat. Meine Güte, hast Du Dir eine Arbeit gemacht! Wir sind einfach begeistert. Mein Wohnzimmer hat richtig gewonnen. Sowas würde ich nie hinkriegen, da würden die Nadeln zu Dutzenden rosten und die Decke wäre kohlschwarz. Nun müßtest Du Dir die Wirkung wenigstens mal persönlich anschauen können. Morgen kommen übrigens die beiden G.schen Omis aus Leipzig. Seine und ihre Mutter. Am 29.9. bekommen auch wir Besuch, allerdings nur für paar Tage – Günthers Onkel Traugott. – Du siehst, so ganz ruhig ist es bei uns nie, irgendwas ist immer los. – Gottlob habe ich jetzt hin und wieder einen ganzen Tag frei, so z.B. heute, da kann man doch wenigstens so allerlei liegengebliebenes aufarbeiten. Natürlich gehe ich auch mal bummeln oder einkaufen. Aber meist bleibe ich zu Hause. Heute war Fensterputzen dran. Das mache ich gar nicht gern, aber wenn dann alles wieder schön ist, freut es mich doch. So romantisch wie in der Bevernstraße ist es hier nicht, dafür aber viel ordentlicher. – Sag mal, wieviel % schwerbeschädigt bis Du? Vielleicht klappt auf diese Weise mal ein Wiedersehen! Aber leider ist wohl auch da die Forderung höher als man erfüllen kann. – Wir sind eben Feiglinge, aber eines Tages, da komme ich bestimmt! Fritz und ich schwärmen immer davon. – So, jetzt suche ich schnell noch paar Fotos für Dich raus, dann kommt ein Krimi im Fernsehen. – Also Annilein, nochmals vielen vielen herzlichen Dank und ganz ganz

liebe Grüße
Deine Therese

 

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