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Brief (Transkript)

Willy M. aus Gotha an Charlotte M. nach Göttingen am 26.08.1981

 


Liebe Schwester Charlotte!

Deine Briefe vom 14.08.1981 erhielt ich am 24.08.1981 und ich bedanke mich auch dafür. Allerdings müßtest Du in der Zwischenzeit auch meinen zweiten Brief erhalten haben. Aus Deinen Briefen ersehe ich, daß Du meine Urlaubspost aus den erwähnten Gründen heraus Verständnis entgegen gebracht hast.
Bisher habe ich alle Post von Dir erhalten, auch das Päckchen mit den Erdbeeren, die ich dann auch sofort gepflanzt habe. (In meinem letzten Brief schrieb ich zwar, daß ich bei Schwierigkeiten auf die Lieferung verzichten wollte. Ich meinte es vom Preis her. Bei uns ist die Preislage etwas niedriger, dafür ist die dortige Qualität und Sorte besser. Also besten Dank auch, ich kann nur Dank sagen, weiß daher nicht, wie ich mich darin erkenntlich zeigen könnte.)
Deine Mohairdecke hat mir schon gute Dienste geleistet. Da unsere (Heizungsperiode) generell erst ab 15.Spt. beginnt und die jetzige Witterung manche Tage über eine Heizung erforderlich macht, ist die besonders warme Decke sehr angebracht. Es ist nett, daß Du wieder Mal etwas Kaffee oder Tee schicken willst. Wir müssen hier für den Kaffee schon über 8 Mark (gemahlen) zahlen. Dabei möchte ich aber betonen, daß Du auch mit Deinen Geld haushalten mußt. Wenn es möglich ist und Deine Mittel es zulassen, könnte man das im monatlichen Turnus beibehalten. Sollte ich einmal außer der Reihe etwas benötigen, dann schreibe ich diesbezüglich gesondert. Das ist einmal das, wo Du etwas helfen kannst. Das Geld für die Erdbeeren erscheint mir etwas zu hoch für unsere Möglichkeiten – trotzdem freue ich mich darüber – als Aufwendungen für den Garten. Eine Buslinie in Richtung Garten ist noch nicht eingerichtet worden. Wird auch nicht. Ob wohl Gotha sich in Richtung – also Freundwarte – weiter ausdehnt, ist die Straßenführung so günstig für mich zum Garten, daß ich in einer halben Stunde dorthin und zwar auf guten Wegen. Es ist nur schade, daß der Herbst und der Winter das Gartengehen eine Grenze setzt. Aber nach einem Winter kommt ja auch wieder ein Frühling.
Am 23. 08. 81 kam nachmittags Onkel Egon aus Eisenach plötzlich zu Besuch bei uns. Er war in Gotha und hatte Frieda in ihrer neuen Wohnung besucht. ([Straße und Hausnummer]) Dadurch wußten wir , daß sie umgezogen ist. Am 24. 08. 81 morgens gegen 8 Uhr besuchte uns plötzlich der Joachim aus Warnemünde. Vor einiger Zeit hatte er seinen Besuch anvisiert und die Möglichkeit angedeutet, daß er eventuell eine Woche dableiben wollte. Auch hatte er vor, bei einen seinen Mitstudenten in Erfurt den Polterabend mitzumachen. Am Abend hat Ilse ihn zur Eschleber-Str. begleitet. So waren die letzten Tage beinhaltet mit einigen Lichtblicken und Abwechslungen.
Thomas, Sabine und die kleine Ellen kommen am 30.Aug. 81 vom Urlaub aus Boltenhagen zurück. Sonst hörte ich von der recht wenig gewordenen Verwandtschaft garnichts. Auch vom Dieter sehr wenig. Seit seinem Urlaub hat ernicht wieder geschrieben. Joachim sagte, er möchteimmer einen leeren Schreibtisch haben und kann daher nicht schreiben. So hat vielleicht jeder seine Probleme und ich stehe auf dem Standpunkt, daß zum Schreiben doch immer etwas Zeit zur Verfügung stehen muß. Wenn auch in großen Abständen, so halte ich es mit Dir in Zukunft so. –
Ich freue mich, daß sich Onkel Willi einmal aufgerafft hat und einmal einen Tapetenwechsel nach Bad Orb unternommen hat. Man muß Verständnis mit seiner Krankheit haben und ich glaube, wir haben es auch. Aber helfen: Wie ? Man kann es der Tante Johanna hoch anrechnen, mit welcher Geduld sie im Leben zu ihm steht. Aber man muß eben mit dem Schicksal nicht hadern.
Es geht im Leben auf und nieder. Das Leben zu meistern, ist eine große Kunst.
Liebe Schwester Charlotte!
Deine augenblickliche Anstrengung der Pflege für Erwin kann man auch nicht kleinschreiben. Ich kann es Dir nachfühlen, welche Laufereien, Wege, Besorgungen und sonstige Begleitungen und Verrichtungen Du so im Laufe eines Tages erledigen mußt. In Deiner Arbeit mußt Du außerdem Deinen Mann stehen. Du tust mir einen großen Gefallen, wenn Du diese Zeit durchstehst, Deine Nerven behälst und gesundheitlich Dich in Ordnung hälst. Nehme jede Minute dazu, um Dich zu erholen. Mache abends einen erholsamen Spaziergang und schalte audf diesen nervlich einmal ab. Der Kranke ist durch seine Krankheit immer etwas schwerer zu nehmen, obwohl er sonst einen ausgleichenden Charakter besitzt. Du schreibst richtig, man muß Hoffnung und Geduld haben. Ich fühle mit Dir und Ilse ebenso. Sage unseren lieben Erwin die allerherzlichsten Grüße von uns und wir wünschen ihn alles Gute für seine Besserung, Gesundung und seinem Wohlbefinden. Wir sind uns der Schwere seiner Krankheit bewußt und geben der Hoffnung Ausdruck, daß Erwin sein Allgemeinbefinden in nächster Zukunft sich bessern möge.

Liebe Schwester Charlotte!
Bleibe recht gesund und munter! Ich kann nur immer schreiben, richtig helfen tatkräftig ist mir nicht möglich. Aber so mit Deiner Energie und Willenskraft sowie Übersicht wirst Du es schon schaffen. Wir grüßen Dich recht herzlichst und wünschen Gesundheit, Allgemeinbefinden. Kopf hoch , alles Gute!

Es grüßt Dein Bruder Willy
und Jlse Ilse


Gotha, den 26.August 1981

Den Bezug haben wir nicht auf der Decke, daß wäre ja viel zu schade für die schöne Decke. Ich finde nicht, daß sie fusselt. Nochmals vielen Dank für alles. Denke nicht immer an andere, sondern mehr an Dich
Grüße bitte Erwin recht herzlich von mir

herzliche Grüße
Ilse

 

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