Nach Zeitraum suchen

von 
bis 
SUCHE ZEITRAUM
Bestandskatalog PDF

Brief (Transkript)

Hellmuth H. an seine Familie am 28.08.1940 (3.2002.7139)

 

Schwarzenfeld (Kr. Schrada, Wartheland), 28.8.40.



M.l.B!

An sich habe ich sehr wenig Zeit, da ich den Herrn Kortüm lesen muß, aber da höre ich eben von dem neuesten Urlaubstrupp aus Landsberg, der übrigens schon in Sieradz war und deshalb heute erst eintraf, daß Ihr auch in der Sonntag-Montag-Nacht Fliegerbesuch hattet und hoffentlich auch brav in den Keller gekrochen seid, jeder mit einem Kind bewaffnet; die 3 Einschläge, die ja ein unfeines Ziel trafen, werdet Ihr wohl auch gehört haben, wenn sie auch Leni sicher deutlicher gehört hat. Daß Du ja jedesmal in den Keller gehst und nicht aus Faulheit oben bleibst! -
Wir liegen unverändert in dem elenden Dorf, da in dem neuen Standort noch Ungeziefer und Ruhr herrschen. Dort gibt es aber wenigstens 2 Kinos, 2 erlaubte Gaststätten, einigermaßene Unterkunft und vielleicht auf jeder Stube Radio.
Meine Pistole hat sich natürlich nicht gefunden. Die neue habe ich anständig gereinigt; sie war natürlich ziemlich verwahrlost; wenn Du es fertig bringst, gib 12-15 RM. Wenn Dir das jetzt unangenehm ist, gibst Du 20 RM, eigentlich ein bißchen viel.
Nach dem Brief, den ich von der Agfa hier vorfand, ist doch der zweite Film bei der Post verloren gegangen. Ich bitte Dich deshalb, sofort die Verlustmeldung für die Post richtig und vor allem deutlich auszufüllen und abzugeben.
Meine Fliegenfänger waren nach 24 Stunden vollbesetzt; kaufe bitte noch einige - woanders gibt es keine zu kaufen - und schicke sie mir. Übrigens sagte ich Dir wohl, daß zu meiner Feldpostnummer noch Abholpostamt Schrada (Wartheland) hinzugesetzt werden muß, auch für Sieradz, falls ich nichts Anderes mitteile.
An die Eltern werde ich morgen schreiben; es geht nicht alles auf einmal. Der Dienst ist vorläufig sehr schwach; man hätte so schön noch zu Hause bleiben können. - Zucker ist im Augenblick nicht zu haben, ich muß dann auch nicht mal rauskriegen, wie man es am praktischsten schickt.
Das Wetter wird jetzt langsam besser, wie schade, daß es im Urlaub so schlecht war. Aber es war auch so schön zu Hause, nicht wahr?! Hast Du die Scheibe schon eingesetzt oder bleibt das bis zum nächsten Urlaub?
Von hier ist sonst wirklich nichts zu berichten Aus einem schlesischen Dorf erzählte ein Kamerad einen mittelalterlichen Vorgang: Ein deutscher Knecht hatte sich mit einem polnischen Arbeitsmädel eingelassen; daraufhin wurde dem Burschen das Haar in Streifen vom Kopf geschnitten, dem Mädel ein Sack mit Loch über den Kopf gestülpt, beide so vom Jungbannführer angeprangert und so mit Fanfarenbläsern durch die Orte geschleppt. Das ist vielleicht wirksam, aber doch wohl unzeitgemäß und nur auf das „Volksvergnügen“ abgestellt. -
Eier und Butter habe ich mir schon besorgt und ergänze so die offizielle Kost, die mich mit Tränen der Rührung an heimatliche Beefsteaks, Rote Grützen, Schokoladensuppen denken läßt. Hier geben wir Älteren die Hoffnung mit dem 1. Okt. noch nicht auf. Gib den Kindern einen lieben Kuß vom Papa.
Dir selbst alles Liebe
Dein Hellmuth.
Herzl. Gruß an Frl. Hilde und auch sie soll recht zaghaft an den Radio gehen.
Hat Mutti geschrieben? Sie hat am 2.9. Geburtstag.

 

 



Ansicht des Briefes

 

Briefe aus diesem Konvolut:
top