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Brief (Transkript)

Walter A. aus Ellmendingen an Horst H. nach Ostdeutschland am 17.12.1957

 

Ellmendingen den 17.12.57.
Lieber Horst:

Wollte Dir noch zu Weihnachten ein paar Zeilen schreiben. Ich habe mich sehr gefreut über Deinen lieben Brief, den Du meinen Eltern geschrieben hast. Ich selbst war sehr beschäftigt, sodass ich das Schreiben immer wieder verschoben habe. Ich habe Dir heute ein Paket schicken lassen, weil ich zu meinem Bedauern gehört habe, dass Du dieses Jahr nicht nach Hause kommen kannst. Ich bin nicht informiert darüber, ob es Schwierigkeiten für die Auslieferung des Paketes gibt, aber ich hoffe, dass es alles klappt. Wenn es je Schwierigkeiten geben sollte, musst Du mir schreiben, wie ich es in Zukunft machen soll. Ich habe im Radio gehört, dass einige Pakete, die in die Ostzone geschickt worden sind mit einem Brief des Empfängers wieder zurückkamen, in dem es etwa so hiess: „Wir haben es nicht nötig, von den Nato-Krieggshetzern Geschenke anzunehmen; uns geht es viel besser, wie ihr meint“ usw.
Es ist sehr schade, dass man aus rein menschlichen Dingen, wie dem Übersenden eines Paketes oder dem Weihnachtsbesuch der Angehörigen unter einander eine politische Sache macht. Wer glaubt, das Recht zu haben, in das menschliche, individuelle Dasein seines nächsten hineinzudringen und politische Doktrinen einpflanzen zu müssen, der missachtet die elementaren Bedürfnisse des menschlichen Daseins und verlangt von dem also Behandelten, diese Parolen sozusagen als Ersatz oder als Ersatzreligion für das Verlorene oder Preisgegebene zu übernehmen, Dass solche Dinge, insbesondere wenn sie als Lügen durchschaut worden sind, niemals die Freude eines Weihnachtsfestes bei seinen Angehörigen ersetzen können, braucht man nicht besonders herauszustellen. Schliesslich wurde Weihnachten schon früher gefeiert, ehe es eine Nato gab, und Gott sei Dank, ehe es den Weltenbeglücker „Kommunismus“ gab, und man wird es wieder feiern und noch Jahre und vielleicht Jahrhunderte, nachdem das Sowjetsystem ohne Trauer und mit den wenigsten Tränen, die je einem politischen System nachgeweint wurden, zu Grabe getragen sein wird.
Dass dies kommen wird, lehrt uns die Geschichte und nicht minder das Wort Gottes. Hier heisst es eben Geduld haben und warten. Wir sehen alles von der zeitlichen Perspektive, Gott sieht alles von der ewigen Perspektive. Was sind schon 40 Jahre Kommunsitenherrschaft? Sind wir grosszügig und geben wir ihr nochmals 40 Jahre, was ich allerdings nicht glaube, dass es so lange gehen wird. Im Grunde genommen ist der Kommunismus nichts anderes als ein von Gott zugelassenes Gericht über die sündige Menschheit. Und dann prahlen diese Herren, dass sie mit ihrem Sputnik sozusagen „Gott in den Schatten gestellt hätten“. Gott hat unendlich viel Zeit. Die Menschen, und auch die eingebildetsten Diktatoren haben nicht viel Zeit; 60 Jahre, 70 Jahre vielleicht auch 80 Jahre. Dann wird ihr Angedenken schnell vergessen sein. Ja man wird die, denen man zu Lebzeiten Schmeicheleien gesagt hat, verdammen, und sich mit Verachtung von ihnen distanzieren. Und dann stehen sie vor dem Throne Gottes. Und sie können ihm auf tausend nicht eines antworten. Und die Seelen all derer, die um der Gerechtigkeit willen ermordet worden sind, werden auch da sein und sie anklagen. Da wird kein Sputnik sein, der sie vor den Feuerflammen seines Angesichts hinwegtragen kann. Da wirds heissen: Zeig her was du gesät hast zu Leibesleben, wars Gold, Silber, Edelstein oder Stroh und Stoppeln? Lasst es uns dem Feuer übergeben, damit alles verbrannt werde, was nicht Ewigkeitswert besitzt; wenn Gold dabei war, wird es, wenn auch in geschmolzener Form das Feuer überstehen. Wenns Edelsteine waren, wird auch die Form behalten. Wenns nur Stroh und Stoppeln waren, wird die Asche von einem Hauch Seines Mundes weggeblasen sein. Dann wird es sich zeigen, dass aller Eifer der Menschen, aller Materialismus, ob nun westlicher oder östlicher Prägung, alle Technik, und mag sie zum Weltraumschiff zur Fahrt auf den entlegensten Fixstern führen, und mag sie zum höchsten Lebensstandard der Menschen führen, ja selbst alle Philosophie, und mag sie auch noch so gut gemeint sein: sie alle werden kein Gewicht haben auf der göttlichen Waagschale. Und dann wird ein armer, einfacher Sowjetbürger kommen, welcher zu Lebzeiten von seinen „Genossen“ nicht ernst genommen wurde, weil er seine „bourgeoisen Manieren“, noch nicht vollständig abgeleg hatte. Er hatte sich nämlich noch ein menschliches Herz bewahrt, hatte von seiner Mutter das Beten gelernt, er hatte ein inneres Herzensverhältnis mit seinem Gott. Man hielt ihn für beschränkt – er war es auch. Er hatte nicht die Möglichkeit, den geistlichen Nebel, den das System um ihn gewoben hatte, zu durchdringen. Deshalb war er auch ein untadeliger Patriot. Ja er glaubte auch den Parolen des Kommunismus, so gut er sie eben verstand. Er verstand sie natürlich nur im Ideal-sinne und wusste nichts von dem Missbrauch der oberen Schichten. Derselbe brachte sein Bündel und legte es zu Gottes Füssen. Auch dieses wurde dem Feuer übergeben. Und siehe da: Ein strahlender Edelstein war alles was übrig blieb. Aber dieser Edelstein wurde würdig befunden, in der Krone Gottes zu leuchten: Glaube, Liebe, Hoffen nennt uns das Wort Gottes als bleibende Werte „aber die Liebe ist die Grösste unter Ihnen“.

Deshalb war Jesus, Gottes Sohn auch so „gross“, obwohl im Stalle geboren, - nachdem trotz der Hoffnungen der Juden er nicht dazu ausersehen war, die Krone, (die weltliche) des damaligen jüdischen Reiches aufzusetzen. – Trotzdem er als „Übeltäter“ am Kreuze sterben musste, trotz seines Verzichtes, ja gerade wegen dieses Verzichtes, von Gott, seinem Vater das Eingreifen gegen seine Henker zu verlangen. Das ist nichts für menschliche Hirne, denen der Selbsterhaltungstrieb, die Machtgier und was man sonst noch an (un)menschlichen Eigenschaften anführen mag, das A und das O sind. Daran wird auch die Welt zugrunde gehen – vorläufig wenigstens – bis der Geist Jesu Christi den Sieg errungen haben wird. Was würde es den Menschen nützen, wenn heute der Kommunismus zur Weltherrschaft gelangen würde, was würde es zum Herzensfrieden zum Glück usw. beitragen. Garnichts, denn neue Spannungen würden entstehen, weil die Menschen die alten geblieben sind. Nicht das System kann uns retten, auch keine neue pseudoreligiöse Weltanschauung, sondern allein der Geist Jesu Christi, welcher die Herzen erneuert, den Menschen umändert. Dieselben erneuerten, umgeänderten Menschen leben wie „Fremdlinge“ auf der Erde, denn sie merken, dass der Geist diesre Welt, nicht der Geist Christi ist. Sie gehen ihren Weg an der Hand Gottes. Er führet sie auf rechter Strasse und zum frischen Wasser; und wenn sie schon wandeln im „finstern Tal“ fürchten Sie kein Unglück, denn Sein Stecken und Stab trösten sie.

Dies hat einmal ein weltlicher Herrscher gesagt: Der jüdische König David. Diese Worte reden heute noch nach 3000 Jahren zu unseren Herzen. Wieviele Worte Stalins und Chrustchows werden einmal die Herzen der nächsten Generation trösten? Sie wird wahrscheinlich wieder auf das Wort Gottes zurückgreifen müssen, wenn sie sich Trost suchen will, denn von den Segnungen des Marxismus wird nur noch das Grauen und eine gähnende Leere übriggeblieben sein.

Wir warten ja auf das Wiederkommen des Herrn Jesu zur Aufrichtung seines Reiches auf Erden. Zuvor wird allerdings noch das schlimmste, was die Menschheit je erlebt hat über die Erde hinweggehen. Es muss so sein, denn über all dem Grauen und der Not der letzten Kriege steht das Wort, welches wir auch in der Offenbarung lesen: „Und sie taten nicht Busse.“ Es muss wohl soweit kommen, dass den Menschen die Atomgeschwüre auf den Leibern hervorspriessen wie das Gras. Es muss wohl soweit kommen, dass die „Segnungen“ der Technik zum Fluche der Menschheit umschlagen, damit die Menschen keinen Ausweg mehr sehen, als zu Gott zu schreien, weil alle irdischen Hoffnungen und Möglichkeiten erschöpft sind. Es müsste nicht sein, aber es wird so sein, denn wenige sinds, die in guten Zeiten den Herrn suchen, dafür sorgt der Teufel. Ist es Gottes Wunsch, dass alles soweit kommt? Nein und nochmals nein. Sondern es ist der Wille der Menschen und des Teufels. Oder findest Du, dass Gott hinter all der Rüstung und dem Kriegsgeschrei und der Ungerechtigkeit steht? Nein; aber dennoch geht alles an Gott vorbei. Er lässt es zu, denn er lässt den Menschen Ihre Freiheit, zu handeln. Er weiss auch, wohin alles führt, und er weiss auch dass am Ende doch alle Menschen zu Seinen Füssen liegen werden.

Der Mensch geht eben einen Umweg, und das zu seinen Schaden. Wir brauchen diesen Umweg nicht zu machen. Denn es ist nur EIN Schritt zu Jesus. Wir brauchen nicht zu warten mit Furcht und Zittern auf die Dinge die da kommen sollen, denn diese Dinge kommen nicht wegen Seiner Kinder sondern wegen der boshaften Menschheit. Für uns ist etwas Besseres vorhanden. Wir dürfen heute schon im Frieden und in der Hoffnung unsren Weg gehen. Und sollten Du und ich sterben als Märtyrer, so wissen wir, wohin die Reise geht.

Lieber Horst: Ich wünsche Dir von Herzen gesegnete Weihnachtsfeiertage. Ich bin mit meinen Gedanken und meinen Gebeten bei Dir. Überlege Dir, lieber Horst, ob Du nicht zu Weihnachten in irgend ein Menschenkind dort im Osten ein Lichtstrahl der Liebe hineinlegen kannst. So fängt es an, man muss es sich von Gott zeigen lassen. Man braucht nicht predigen, man soll schon erst recht nicht über das Regime schimpfen; aber man kann Liebe, Freundlichkeit usw. darreichen – dies tut auch den Funktionären gut.

Ich wünsche Dir Gottes Beistand und Segen auch fürs neue Jahr und Grüsse Dich auch im Namen meiner Frau und Kinder:

Dein Vetter Walter.
Walter

 

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