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Brief (Transkript)

Walter A. aus Ellmendingen an Horst H. nach Ostdeutschland am 17.06.1957

 

Ellmendingen 17. Juni 1957.
Lieber Horst!

Heute ist bei uns, wie Du vielleicht auch weißt, ein Feiertag, der Beziehung nimmt auf die „Deutsche Einheit“, welche leider wohl nicht Wirklichkeit geworden ist. So habe ich Zeit und Gelegenheit, Dir herzlich für Deinen letzten Brief sowie Deine Oster- und Pfingstgrüße zu danken. Es geht uns gut, nur haben wir sehr viel Arbeit. Seit Du das letzte mal hier warst, haben wir auch Zuwachs bekommen, einen gesunden Sohn, welchem wir den Namen „Friedemann“ gegeben haben. Möge Gott geben, daß er in Wahrheit ein Mann des Friedens werden möge – nicht einer der lauten Friedensparolen, sondern einer mit Frieden im Herzen -. Dieser Friede ist zu haben, es ist der Friede eines guten Gewissens und neuen Lebens mit Gott. Leider will die Welt nichts davon wissen, sie begnügt sich mit einem „friedlichen“ Zustand zwischen neu hereinbrechenden Katastrophen, welcher ihr erlaubt das Leben wie ein Tanz auf einem Pulverfaß noch so lange wie möglich zu geniessen. Wir haben ein Anrecht auf etwas besseres, was allerdings nur von Gott selbst zu bekommen ist – darüber sind wir uns, Du und ich, sicher ganz klar.
In nächster Zeit will Br. T. wieder bei uns vorbeikommen. Er hat uns erst kürzlich geschrieben und Dich sehr ins Herz geschlossen. Leider habe ich gehört, daß Dein Vater gegenüber dem Onkel Philipp – wenn ich recht orientiert bin – gesagt hat „T. wäre kein hundertprozentiger Christ“. Anscheinend ist ihm oder auch Dir etwas Anstößiges an ihm aufgefallen. Es würde mich sehr interessieren, von Dir zu erfahren, was Euch an ihm nicht gefallen hat.
In der Zwischenzeit habe ich auch erfahren, daß Du jetzt drüben eine andere Tätigkeit aus übst als bisher – muß wohl mit Film etwas zu tun haben. Hoffentlich findest Du an Deiner neuen Tätigkeit Befriedigung, ohne daß Du dabei Deine Seele verkaufen mußt, oder Dein Gewissen beschweren. Die innere Freiheit und das selbstständige Denken sollte man sich als höchstes Gut bewahren. Nicht umsonst sagt auch die Bibel: „Werdet nicht der Menschen Knechte!“ Im übrigen bin ich überzeugt, daß Du schon weißt, wie Du Deinen für Dich besten Weg finden wirst, und daß Gott auch immerzu seine schützenden Hände über Dir hält. Er kann uns aus dem schrecklichsten Dilemma herausführen und unser armseliges Leben dennoch zum Wohle der Menschen und zur Verherrlichung der wahren Güter Gottes – als da sind: Friede, Freude, Liebe, Freundlichkeit Geduld, Barmherzigkeit usw. – verwenden.
Gib die Hoffnung nur ja nicht auf, daß Dich Gott nicht wieder zurecht bringen könne, selbst wenn Du einige schwarze Flecken in Deinem Gewissen hast. „Wenn Deine Sünde blutrot wäre, soll sie doch schneeweiß werden“ sagt die Bibel ganz klar. Und nur auf diesem Wege wird einmal die ganze Menschheit – davon bin ich überzeugt – gebessert werden: Durch Aufstecken aller Versuche mit menschlichen Mitteln, ob Politik oder Kultur, die Welt zu verbessern. Daraus kommt sowieso nur immer wieder Krieg und neue Gegensätzlichkeit heraus. Die Welt wird nur anders durch meine persönliche Buße und Zurechtbringung meines Lebens vor Gott. Und so hoch der Himmel ist, so groß ist auch die Gnade und Liebe Gottes. Gott hat sehr viel Zeit. Wenn sich die Menschen noch weiterhin im Krieg und Zwietracht zerfleischen wollen, er kann warten, bis sie zur Besinnung kommen. An uns, an Dir und mir, liegt es, ein Steinchen zum Bau des Reiches Gottes – welches ist ein geistliches Reich – hinzuzufügen, und damit uns selber und der Menschheit um uns her das Beste zu geben was auf dieser Erde zu erringen ist, indem wir uns Gott innerlich ausliefern. Das walte Gott.
Mit herzlichen Grüßen
Walter, Elfriede, Eva, Friedemann


 

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