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Brief (Transkript)

Klaus S. aus Köln an Jürgen L. nach Ostberlin am 14.12.1988

 

14.12. 19.88

Hallo Ihr Zwei,

vielen Dank für Euren Brief und die Fotografie. Das Bild ist wirklich sehr ausdrucksstark. Es wäre vieleicht doch besser gewesen ein Querformat zu machen und näher `ran zu gehen. – Fotografenkritik  hat also nichts zu sagen. Die Bilder der Kinder am Kölner Hauptbahnhof hab’ ich natürlich auch gesehen jedoch ohne „durchschnittener Kehle“. Das heißt aber nicht, daß es nicht wahr ist. Vorstellen kann ich mir es schon, da die BRD mit Rechtsradikalen immer mehr zu tun bekommt. Es gehen sogar Terroranschläge, wie der in München auf dem Oktoberfest, auf das Konto von Neonazis. Wahrscheinlich bzw. bestimmt ist das ein gesellschaftliches Problem – die Armen werden immer ärmer die wenigen Reichen noch reicher, hohe Arbeitslosenquote, Frustration und Unzufriedenheit mit dem eigenen Leben in unserer Kapitalgesellschaft. Aber wie sagt man so schön: Eine richtige und gut funktionierende Demokratie muß Randgruppen bzw. politische Systemgegner verkraften können. Ich kann nur hoffen, daß unsere Demokratie hier bei uns die Sache in den Griff bekommt.
Die Sache mit den abgesetzten sowjetischen Filmen ging bei uns natürlich auch durch die Medien und es wurde gesagt, daß die DDR im Warschauer Pakt ihr eigenes Süppchen kocht und die Frage aufgeworfen wie lange Gorbatschow still hält.
Nun habt Ihr ja auch ein neues Reisegesetz bekommen, daß hier bei uns auf nicht so große Zustimmung gestoßen ist und vor allen 1 Woche früher veröffentlicht wurde als bei Euch. Allzuviel hat sie da auch nicht getan, da es alles nur „Kann-Bestimmungen“ sind und das letzte Wort doch der Staat bzw. wie Du, lieber Jürgen es schon gesagt hast >> die erste Reihe, die reif ist für’s Altersheim << hat. Also wie gehabt.  Genug jetzt davon.
Mittlerweile freue ich mich schon auf Weihnachten, weil es für mich etwas Ruhe bedeutet vor dem nächsten Klausursturm im Januar. Im Februar gibt’s dann erstmal 4 lange und doch zu kurze Wochen Ferien, die schon ausgefüllt sind mit Autoreparatur und arbeiten. Wenn ich in Köln durch die Stadt gehe, so nehme ich jetzt immer meinen Walkman mit, weil ich diese Weihnachtsliederduselei nicht vertragen kann. Man wird ja an jeder Ecke mit Weihnachtsliedern vollgedudelt.
An einen Opernbesuch bin ich, trotz mangelnder Begeisterung für die Oper an sich, wohl interessiert. Es ist bestimmt auch ein anderes Erlebnis die Arien in der Oper mit vielen anderen Menschen live zu hören. Ich sag’ auf jedenfall früh genug Bescheid.
Mit dem Manuskript von J. Fuchs werd’ ich mal sehen, was sich machen läßt. Es wird wohl etwas dauern, da ich den Rias/SFB anschreiben muß und, sowie ich das sehe, wird’s auch etwas dauern bis mal `ne Antwort kommt.
So, Ihr Beiden, ich wünsche Euch ein schönes und ruhiges Weihnachtsfest und für’s nächste Jahr wünsche ich Euch viel Glück und das alle guten Vorsätze für’s Neue Jahr in Erfüllung gehen.

Tschüß
Klaus

PS: Das Foto hab’ ich in Spanien gemacht. Ich fand dieses Schattenspiel so nett. Ist für Euch zu Weihnachten vom „(Ni)k(o)laus

 

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