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Brief (Transkript)

Kurt Miethke an seine Ehefrau am 20.3.1942 (3.2002.0912)

 

Kowel, den 20. III 42



Meine liebe Dita!

Hier hinter dem warmen Ofen will ich Dir einen kleinen Brief schreiben. Denn draußen ist es zur Abwechslung mal wieder bitter kalt geworden. Einen Tag ist es schon ganz schön angenehm und am andern Tag desto kälter zu sein. Das wird wohl hier noch eine ganze Weile so bleiben. eine ganze Menge Schnee ist auch noch gefallen. Der alte war schon beinahe weg. Das ich Deinen lieben Brief vom 6. III erhalten habe schrieb ich Dir gestern schon. Arthur wird auch hier schön bibbern. Geschrieben hat er noch nicht. Trotz der Kälte bin ich schön braun im Gesicht, als wäre es im Sommer. Ja, da staunste was Herzchen. Ich wünschte ich könnte jetzt auf Urlaub fahren. Na vielleicht wird es nun doch bald, denn zum 23. III soll die Sperre aufgehoben werden. Ja Spinnchen hier kann man so sehen, wie Frauen an ihre Männer hängen. Heut waren zwei hier bei uns im Lager, und suchten ihre Männer. Dieselben waren in Gefangenschaft geraten. Es waren Ukrainer. Die Frauen kamen aus Kiew zu Fuß. Sie haben eine Strecke von über 400 Km zurückgelegt. Ihre Männer waren nun nicht hier oder sind nach Deutschland gekommen. Vielleicht auch schon tot. Sie müssen nun diesen ungeheuren weiten Weg zu Fuß wieder zurück. Nur wer die Verhältnisse hier kennt der weiß was es bedeutet in Nacht, Schnee und Eis so weite Strecken zu Fuß zurück zu legen. Das ist ungefähr so weit wie von Königsberg nach München. Ja seltsam sind diese Ukrainerfrauen. Oft stehen sie den ganzen Tag vorm Lager nur um ihre Männer zu sehen, denn sprechen können sie ihn ja nicht. Und das alles bei 20 und noch mehr Grad. Und wie elend sehen diese Männer aus. Herunter gekommen und zerlumpt. Oft ist es nicht mehr schön das alles mitanzusehen wenn man dabei steht. Wenn es nun wärmer wird, dann geht das flitzen wieder los. Und man muß wieder lausig aufpassen. Aber daran sind wir ja nun schon gewöhnt. Von der Wache kommen wir überhaupt nicht mehr runter. Wenn der Krieg zu Ende ist können wir uns alle bei der Wach u. Schließgesellschaft als Nachtwächter melden. Ich kann mir sagen daß es ein erbärmlich ödes Leben ist. Hier werden wir wohl jetzt bleiben, denn eingerichtet sind wir schon dazu. Denn es sollen noch so an 20- 30000 Gefangene nach hier kommen. Ruhe haben wir überhaupt nicht mehr. Unsere Unteroffiziere geben auch an mit uns als wären sie die Herren der Welt. Aber mich kann keiner mehr erschüttern, ich habe jetzt die Ruhe weg. Je länger man Soldat ist desto abgebrühter wird man. Herzelein wenn die Bohnen angekommen sind schick mir den Beutel wieder zurück. Vielleicht kann ich wieder welche kaufen. Ich freue mich ja das Dir der Speck gut schmeckt. Da brauchst Du doch wenigsten nicht ganz trocken zu essen. Glaubst Du das ich mir das Zeug schon wieder übergegessen habe? Aber es gibt ja hier bald Eier dann ist wieder mehr Abwechslung. Und das alles für unser Geld. So liebes Herzelein jetzt kann ich weiter schreiben. Denn ich war jetzt 2 Stunden draußen. Es ist 24 Uhr. Noch zweimal dann ist Feierabend, von ½ 4 – ½ 6 Uhr und ½ 10 – ½ 12. Du wirst sicher schon schön schlafen in Deinen molligen Bett. Draußen ist es ganz sternenklar ich habe mir den schönsten ausgesucht, das bist Du. Die zwei Stunden war ich bei Dir. Da denke ich mir wie schön es wäre, wenn ich zu Hause wäre und wir eine eigne Wohnung hätten, was wir da alles machen würden. Na laß nur, das wird auch noch kommen. Nur den Mut nicht sinken lassen. Wenn ich nicht ein Bild hätte, wüßte ich garnicht mehr wie Du aussiehst. Du wirst sicher sagen kiek an nu hat er mich schon vergessen. Nee nee Spinnlein das glaube nicht. Denn Du bist doch das einzige das ich auf der Welt habe. Ja Du kleine Ziege wenn ich wieder nach Hause komme dann werde ich mit Dir schön angeben, ich habe schon allerhand auf Lager und Dir wird nachher alles weh tun. Es könnte schon jetzt auf der Stelle sein. Und wie ich das mache das verrate ich Dir noch nicht, Du wirst Dein Wunder erleben und wirst sagen nein das mache ich nicht. Oder läßt Du Dir jetzt alles gefallen? Das Du auch Spaß [?] hast kann ich mir vorstellen. Früher hast Du Dir ja immer noch ein bischen Mädchenhaft gehabt und wenn ich es mal anders haben wollte, warst Du nicht dafür. Du wirst sagen jetzt will er mich aufziehen. Laß nur Herzblättchen es ist nicht böse gemeint. Bist Du mir auch noch nicht auf Abwege gegangen? Bei uns sind nur einige Kameraden, da ist die Ehe geplatzt weil die Frau in der langen Zeit nicht wiederstehen konnte, denn nicht jede Frau hält das so lange aus. Spinnchen ich will Dir aber damit nicht Mißtrauen. Du kannst Dir garnicht vorstellen was es so alles gibt. Da hat ein Eheweib mit einem Siebzehnjährigen Bengel ein Verhältnis, von einem Nachbarn der auch Soldat ist. Sie hat ihn abends zu allerlei kleinen Arbeiten zu sich in die Wohnung genommen. Und eines Abends ist sie plötzlich angeblich ohnmächtig geworden, ließ sich von den Jungen ausziehen und ins Bett bringen. Du kannst Dir ja denken, das sie nicht nur das Hemd sehen ließ, und machte ihn damit scharf, der traute sich wohl noch nicht so recht, und da zog sie ins Bett und holte ihn das Ding raus, und schon war es passiert. Jetzt hatte er erstmal gekostet wie schön das war, und nun ging es die Woche zwei dreimal. Und was sie ihn alles beigebracht hatte, sollte man für möglich halten. Eines Tages kam seine Mutter dahinter und das Ende war ein langer Brief an den Mann. Wenn die Frau 25 Jahre wäre, könnte ich das vielleicht verstehen aber sie war 41. Gottseidank sind nicht alle so, sonst wäre es trübe bestellt. Das sind die Folgen des Krieges. Deinen angekündigten langen Brief habe ich noch nicht erhalten. Gesundheitlich bin ich immer noch auf der Höhe und das ist gut so, denn krank darf man hier nicht werden. Singt meine Süße noch und hat sie schon nach mir gefragt. Na wenn wir erst eine richtige Süße haben. Spinnchen das wird dann schön werden. Von Grünwalds habe ich auch einen lustigen Brief bekommen. Alle drei haben ein paar Zeilen geschrieben. Jetzt bin ich aber reichlich müde, aber auf der Wache kann man immer am besten schreiben, da ist es Nachts immer schön ruhig und man kann seine Gedanken besser fassen. Würdest Du den Brief am Sonntag erhalten dann hättest Du im Bett schön zu studieren. Ist er nicht schön lang? Beinahe wie bei mir. Ich bin frech was Spinnchen? So mein liebes Schneewittchen jetzt ist Schluß ich werde noch eine Stunde ruhen, denn lange wird es nicht dauern und dann muß ich wieder raus. Lebe wohl und laß es Dir weiterhin recht gut gehen und herzliche Grüße sowie tausend heiße Küsse und noch einen extra für Sonntag. Dein Kurt
Warte nur wegen der Zige kriegst Du noch was auf die Badehose.

 

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