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Brief (Transkript)

Hugo Zwanger an seine Frau am 03.09.1940 (3.2013.22)

 

Den 3. September 1940



Meine liebste Gretel!

Danke dir sehr für deinen lieben Brief, welcher heute morgen ankam. Wir hatten wieder eine unruhige Nacht, zum ersten Mal mussten wir in den Luftschutz-Keller!
Um 12 Uhr war Alarm, alle wurden geweckt, niemand wollte aufstehen. Schließlich mussten wir uns doch anziehen und wir schauten von oben aus zu. Über die Filder-Ebene oder weiter zurück warf eine englische Maschine Brandbomben, wir sahen den Feuerschein leuchten. Wie wir heute hörten wurde zwischen Nellenberg und Böblingen eine der Maschinen durch Flak angeschossen. Um 2 Uhr kam ein neuer Angriff und die Feldwebel liefen durch die Stuben, alles musste runter. Das war vielleicht ein Geschrei. Im Luftschutz-Keller konnten wir hinten wieder raus, aber rauf ins Bett konnte niemand, oben hörten wir den Spiess fluchen. Nach 3 Uhr war der Zauber glücklich vorbei. In Tübingen war sicher auch Alarm, will nun sehen wie es Dir liebe Gretel gegangen ist. Hoffentlich wirst Du nicht zu sehr aufgeschreckt. War heute morgen nämlich noch recht müde. Um ½ 9 Uhr musste ich zum Zahnarzt nach Esslingen, er war aber zu nervös und sagte er könne mich nicht behandeln, muss nächste Woche wieder kommen. Liebe Gretel hatte dazu heute noch eine grosse Überraschung. Um 11 Uhr musste ich mit der Kurier-Post nach Echterdingen fahren. Dort musste ich mich 2 Stunden aufhalten. Traf dann gleich Bernhard er zeigte mir den ganzen Flughafen und die neuesten Werkstätten. Traf natürlich eine Menge Bekannte , kam aus dem Begrüssen nicht heraus. Wemann hat heute mit den Prüfungen angefangen, er war natürlich sehr überrascht als ich in der Kantine auf einmal hinter ihm stand. Durch die Prüfungen hatte er heute eine Stunde Mittags-Pause so konnten wir geschickt miteinander sprechen. Auch Scholl und Lug traf ich, das Vaterle meinte warum ich noch nicht Feldwebel sei? Der neue Flughafen ist sehr großzügig angelegt, besonders die Repräsentationsräume aber an den Abriss-Räumen ist sehr an Platz gespart. Scholl gefällt es nicht er bekam im Winter einen Nerven-Zusammenbruch und musste 6 Wochen aussetzen.
Liebe Gretel, es kam mir vor, wie ein kleiner Urlaub, bei der Hansa ist eben doch eine nette Kameradschaft gewesen, es ist so, wie wenn ich noch dort wäre. Wenn Echterdingen nicht so abgelegen wäre und es für Kinder nicht mancherlei Unbequemlichkeiten mit sich bringt, hätte ich doch dabei bleiben können
Liebe Gretel, Du hast am Sonntag ja auch eine Überraschung gehabt. Es ist schade, dass Wilhelm nichts zu melden hat und sie alles bestimmt. Dass die sich nicht geniert, da haben wir eben noble Verwandte. Glaube nicht, dass da einmal ein Kleines ankommt. Obwohl Wilhelm sicher Kinder haben möchte.
Der ist doch auch richtig hinein getappt. Liebe Gretel, da sind wir froh, dass wir keine solche Gegensätze kennen und zusammen harmonieren. So ein unnatürliches Leben möchten wir doch nicht führen. Wie viel Schönes haben wir schon mit Friedrich und Rosemarie erlebt da tritt doch alles andere zurück.
Meine liebe Gretel, muss jetzt wieder rüber auf die Wache, musste Dir etwas schnell schreiben!

Wünsche Dir nun , dass ihr daheim Ruhe habt freue mich heute schon auf den Sonntag Mittag
Es grüsst und küsst Dich nun sehr herzlich
Dein Hugo

 

 



Ansicht des Briefes

 

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