Nach Zeitraum suchen

von 
bis 
SUCHE ZEITRAUM
Bestandskatalog PDF

Brief (Transkript)

Gustav Gaß an einen Freund am 28.07.1915 (3.2002.9114)

 

Grajewo. 28.7.15



Lieber Freund Rudolf!
Vielen Dank für Deinen lieben Brief welchen ich gestern erhalten habe, ebenso für die Zigaretten. Wenn Du noch mehr von den Ringeln[?] haben willst, sind aber dieselben, vieleicht es was größer oder kleiner, so mußt Du mir halt schreiben. Daß Dir die Zigaretten gut geschmeckt freut mich, denn ich konnte nichts feines daran finden. Nun, ist ja alles Geschmacksache. Lieber Rudolf, Du fragst, ob ich Dir nicht einige Granatsplitter senden kann, aber wie soll ich Dir diese schicken, die Post nimmt nichts derartiges an, und es ist ja auch verboten. Du meinst, wir würden sehr schlecht welche bekommen, oh da irrst Du aber mächtig. Ganze Zentner könnt ich Dir senden, so viele finden wir, sind doch im Wald schon über unseren Köpfen welche krepiert. Wenn ich wieder komme, das heißt nach dem Krieg, oder auf Urlaub, so werde ich Dir ein ganzes russisches Geschoß, mit Zünder, mitbringen. Ich habe mehr von diesen russischen Liebesgaben. Sind sehr schön auf ein Vertikow zu stellen. Auch werde ich einen Ausblässer mitbringen, für unseren späteren Stammtisch, an dem wir dann unsere Erlebnisse austauschen, wenn wir wieder gemütlich unter Kameraden zusammensitzen. Aber ich male mir die herrlichsten Farben for, und weiß selbst noch nicht ob ich wieder komme. Wollen natürlich das beste hoffen. Es freut mich sehr daß es Dir noch gut geht, ebenso Deiner holden Braut Olga. Denke, daß Du an Ihr einen besseren Griff getan, wie an der anderen. Nun, ich beneide Dich, aber ich hoffe, daß auch mir mal später ein solches Glück blüht. Deine Eltern werden wohl erfreut gewesen sein, haben Sie immer noch nichts davon gewußt bisher. Ich hoffe daß auch nichts mehr dazwischen kommt, und Ihr mal einst ein glückliches Paar werdet. Du kannst es mir glauben, ich ärgere mich manches mal ordendlich, daß ich nicht auch mitmachen kann, wie unsere anderen Kameraden, so richtig im Getummel und auf Patrolie, dann auch wieder freut man sich, daß man nicht so der Gefahr ausgesetzt ist, und man bestimmt sagen kann, Du siehst die Heimat wieder. L. Freund. Jetzt haben wir hier auch tüchtig Arbeit, jeden Tag müssen von uns 3 Gespanne raus, zum Feldbestellen, und Kartoffeln stecken, das ist aber was herrliches, und ich fühle mich ganz wohl dabei, den ganzen Tag so hinter dem Pflug herzugehen. Polnische Mädchen müssen die Kartoffeln stecken, und Gefangene den Mist bereiten. Nun genug für heute. Viele Grüße an alle Bekannte, Deine Eltern Grß. u. Olga. Viele Grüße an Ludi kann mir auch mal schreiben. Es grüßt Dich herzlich
Dein alter Freund Gustav.

 

top