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Brief (Transkript)

Gustav Gaß an einen Freund am 19.10.1915 (3.2002.9114)

 

Ivanava 19.10.15



Lieber Freund Rudolf
Teile Dir mit, daß es mir noch gut geht, und hoffe auch dasselbe von Dir. Wie ich erfahren habe, ist auch Dein einziger Bruder Ludwig auf dem Felde der Ehre gefallen, und hat sich für unser geliebtes Vaterland geopfert. Ich empfinde den Schmerz mit welcher Dich dadurch betroffen hatt\', und spreche Dir hierdurch mein innigstes Beileid aus. Es war Gottes Wille und demselben können wir uns nicht widersetzen. Es sind nun schon so viele Gefallen, von unseren lieben Freunden und Kameraden, und wie viele werden noch Ihr Leben lassen müssen, ehe dieses furchtbare Ringen ein gutes Ende hat.
Lieber Rudolf, wer weiß, ob ich nicht auch auf der Liste stehe welche noch fallen, denn wir sind hier in Pinsk[?] in einer bösen Gegend gewesen, und waren froh, als wir wieder 30 Kilometer weiter zurück konnten. Wir hatten dort den Bahnhof aus zu bauen, und wir arbeiteten direkt an der Front. 2-3 Kilometer entfernt saßen die Russen, und konnten uns beschießen, haben es aber nicht getan, denn sie können for lauter Sumpf und Wasser keine Geschütze ran bringen. Wir dagegen haben welche hier, und dieselben donnern öfters Tag und Nacht ununterbrochen, direkt mitten in der Stadt Pinsk sind dieselben in Stellung, wo [...] Quartier lag 2-300 Meter nebenan im Garten stand auch eine schwere Batterie, und dieselbe donnerte gewöhnlich Nachts, kannst Dir denken, daß es nicht angenehm ist, zu schlafen wenn die Kanonen so […] donnern, hätten da die Russen durch den Sumpf gekonnt, so wären wir verloren gewesen. Auch die Russischen Flieger beehrten uns öfters mal, und senden uns einige harte Grüße herunter, heute Mittag war auch wieder einer da, und hat Beobachtungen gemacht, was wir am Bahnhof bauen, Bomben hat er uns keine mitgebracht gehabt. Jetzt werden feste Stellungen gemacht hier oben, für den Winter, wird wohl hier oben nicht mehr weiter vorwärts gehen und die Entscheidung wird wohl in einer anderen Gegend zu suchen sein, auch nicht in Frankreich, dort werden in den letzten Kämpfen auch wieder viele gefallen sein, ich habe aber auch nichts näheres erfahren, wer dabei ist daß Wilhelm doch gestorben ist, wirst Du wohl schon wissen. Wir haben jetzt sehr kalte Nächte hier oben, und friert schon tüchtig Eis. Wenn nur endlich mal ein Anfang vom Ende kommen würde, aber nicht dergleichen ist davon zu merken. Nun genug für heute, und laß bald mal was von Dir hören. Viele Grüße an Deine Olga Großmutter und Eltern. Es grüßt Dich herzlichst Dein Freund Gustav.

 

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