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Brief (Transkript)

Richard Wientzek an eine Bekannte am 27.07.1915 (3.2002.9073)

 

Schützengraben, den 27.7.15



Liebes Frl. Else!

Für Ihre lb. Karte die ich gestern in Empfang genommen habe sage recht herzl. Dank. Es freut mich sehr von Ihnen ein paar Zeilen zu erhalten.
Nun so liegen wir heut den 3. Tag im Schützengraben 4 Tage lagen wir als Res. im Keller, da die Häuser schon zerschossen sind. Am Tage dürfen wir uns nicht sehen lassen, sonst werden wir von der feindl. Artillerie sehr beschossen. Morgen abend geht es wieder in Ruhe ins Dorf Wingles.
Den letzten Tag wo wir im Keller lagen schlug eine Granate in unser Haus ein und ich noch mit ein Kameraden standen in der Nähe wo sie fiel, glücklicher Weise krepierte dieselbe nicht und so ist uns nichts paßiert. Unser Feind ist von uns 800 Meter entfernt. Wie wir neulich Schleichpatrolie gingen bemerkten wir, daß er sich näher an uns vorgearbeitet durch ein Schützengraben. Wir haben hier mit Engländer zu schaffen welche sehr gemütlich bis jetzt sind. Nachts hört man sie singen, pfeifen und sogar Harmonika spielen.
Wir sind hier in Nordfrankreich, sollen aber wieder in den Argonnenwald hinkommen zur Kronprinzen-Armee.
Was das Wetter anbetrifft haben wir schöne warme Tage aber die Nächte sehr kalt. Wenn man Nachts Posten steht friert man wie ein Schneider. Sonst bin ich gesund und munter.
Hoffe von Ihnen auch dasselbe. Die Ferien haben wohl schon angefangen und wohin man Sie die Reise? Was hört man sonst neues in Ludwigshafen? Das Herr Krause auch schon im Felde ist wundert mich sehr. Es wird Ihm wohl die erste Zeit nicht sehr gefallen, bis man sich an das Kanonendonner etwas gewöhnt hat. Was macht Ihre Freundin Frl. Jossef[?] ? Läßt jetzt nichts mehr von sich hören. Nun nun[?] schließen und erwarte auch mal ein Brief von Ihnen.
Hoffentlich ist es Ihnen angenehm, daß wir zusammen korrespondieren.
Viele deutsche Grüße aus dem Feindeslande sendet Ihr ergebener Richard Wientzek.
Anbei Empfangen Sie ein paar Blumen die hier im Schützengraben wachsen zum Andenken. Gruß an Ihre v. Freundinnen. Muß auch bemerken, daß ich von meine Freunde nichts mehr zu hören bekomme. Herr Hoffmann soll schon verheiratet sein mit einer Dame aus Mendenheim ist noch immer im Lazarett. Bin bereits bald ein viertel Jahr hier im Felde.

 

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