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Brief (Transkript)

Wally R. aus West-Berlin an Anna nach Ost-Berlin am 26.09.1963

 

Donnerstag, 26.9.1963

Meine lieben Süßen und süße Motte und liebe süße Annielein.

Du sollst Dir keine Sorgen machen, auch so wie Gitti, mir geht es gut und so viel laufe ich nicht. Auch ist mir mein Bettchen immer noch das Beste. Langweilig wird es mir ja immer. Dann warte ich ab, ob ich Post bekomme. Aber heute glaubte ich, na wenn ich Nachmittag nach Hause komme, dann ist Post da. Also wie ich aufgeschlossen habe, seh ich Karte und Brief. Da wußte ich, daß Ihr das Päckchen bekommen habt Ja, das Sandmännchen hat mir viel Freude gemacht. Gefreut habe ich mich, daß alles gut angekommen + schön war. und die Kakteen so schön noch waren. Hoffentlich bekommt meine Karola ihrs auch nächste Woche. Da wird ja die Motte kucken und mein Süßer. Weißt Du Gitti, wenn Du das aufmachst, bitte fange an aufzuknüppern wo die dünne Schnur geknotet ist, da geht es mit der dicken Schnur weiter. Wie sehen die immer aus? sind die zerfleddert? Das habe ich allein fertig gemacht.
Liebe Anna, Eure Briefe liegen vor mir, alles kann ich Euch beantworten. Ihr wollt ja auch von mir wissen. Also heute waren wir bei S. zum Geburtstag und einen Fernseher habe ich noch nicht. Muß mich erst mit Rudchen und Heinz unterhalten. Also muß ich mir doch mehr ans Bein binden. Aber trotzdem habe ich noch Geld, wenn ich weiter spare, kommt ja wieder was zusammen.
Liebe Anna, was Du hast, lege ich weg monatlich. Und wenn es nicht reicht, nehme ich raus. Ich bin noch vor meiner ersten Rente rausgegangen und habe mir für über 20 M Süßigkeiten gekauft und Obst. Und Gurken habe ich gestern geschmort. 15 Pf (?) habe ich mir gestern mein Essen. Und zwei Gläser eingeweckt, die sind wie frisch, wenn ich zwei Mittag machen kann im Winter. Gitti, das hättet ihr auch machen können. Auch Essigpflaumen habe ich mir gemacht so an 4 Pfund. Die schmecken aber gut. Graubirnen habe ich auch, ja Ihr habt auch, das ist schön. Ja und di schönen Weintrauben 50 Pfennig, da esse ich nur Obst abends. Heute habe ich Grüne Bohnen gegessen das zweite mal und am Sonnabend nochmal. Aber das waren schöne kleine Bohnen, die kaufe ich mir am Sonnabend, wenn er welche hat, noch mal zum Eintopf.
Was habt Ihr gegessen. Paprikaschoten, wißt Ihr, ich mache kein Gehacktes rein, auch keine Bouletten, auch keine Wurst. Und Sonntag habe ich mir Kaßlerkamm als Kottlett verekelt, da war am Knochen alles voller Gezerre von Blut, da war ich schon satt. Am Sonntag gibt es schönen Blumenkohl, den hab ich.
Ach Gitti, kauf mir keine Tasche, ich habe noch und diese Beuteltasche ist wie neu, die nehme ich wenn ich weg gehe und trage so gerne. Frau S. wo wir waren hat ihre Tochter in Mahlsdorf bekommen. Eine schöne große Vase ist heil angekommen. Nun will ich nicht sagen, daß Ihr dasselbe tut!!! Wie geht es Euch gesundheitlich?
Alle seid Ihr gesund und unsere Süßen beide? Ist kein schönes Wetter liebe Anna, kannst ja garnicht mit ihr runter. Na es wird wieder besser werden. Laß man, bald sehen wir uns.
Morgen gehe ich zu Oma und helfe ihr ein bischen. Mit Rudchen will ich dann sprechen, da werde ich Detlef die Karte zeigen, Renate hat alle mitgenommen.
Ich schreibe Euch nicht eher als Sonnabend, ich bringe den Brief runter und dann marschiere ich ins Bett und Zeitung lesen. S. F. lassen grüßen. Haben sich die Blumen erholt? vergeßt nicht die Hyazinten einzusetzen.
Ich habe mich so gefreut, Ihr braucht nicht alle Tage zu schreiben, Grüßt alle bitte, Tausend Küsse meine Süßen und liebe süße Anna – Wally
Ich unterhalte mich so oft mit Euch und Ihr hörtmich nicht Küßchen

 

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