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Brief (Transkript)

Küngolt R. aus Dorfmark an Wendelgard R. nach Halle/Saale am 03.07.1953

 

Dorfmark, den 3.7.53.

Meine liebe Wendelgard!
Für Deinen lieben Brief mit den Bildchen hab ganz herzlichen Dank. Das war nett, daß er hierherkam, so haben wir uns beide riesig darüber gefreut. Zu der neuen Wohnung, nachdem wir die Bilder gesehen haben, nochmals: herzlichen Glückwunsch! Das sieht wirklich fein aus. Die Kinderbilder sind eins niedlicher als das andere. Ingo ist inzwischen ja ein tüchtig langer Junge geworden. Meine Patentochter tut nur auf dem Bild auf Deinem Schoß ganz zahm. Im übrigen merkt man, daß eine Menge Energie in dem Persönchen steckt, ob sie nun Wert auf die akkustische Wirkung ihrer Stimme legt oder wie ein Gummipüppchen um die Ecke linst. Die 2 nettesten Bilder habe ich gleich mal zur Besichtigung nach Backnang geschickt, ich bekomme sie aber wieder. Für die pfiffige kleine Dame fand ich ein winziges Bekleidungsstückchen, das ihr hoffentlich noch paßt und wofür auch hoffentlich Sonne scheinen wird. Das kleine Gummipüppchen ist einfach zu niedlich! Tante Maria schreibe ich von Worpswede aus und warte erst Deinen Abzug ab. Daß die Kinder im Garten sein können, ist ja wohl noch mit das Schönste an der neuen Wohnung. Da freue ich mich wirklich für Dich und sie mit.
In Siegburg gab’s, wie vorauszusehen, viel Arbeit. Deine Kiste haben wir ganz umgepackt auf der Suche nach dem Schlüssel. Hoffentlich haben wir auch den richtigen gefunden. Ich hatte Tante Franziska so einige Sachen herausgelegt. Sie wollte sie in ein Paket für Dich zusammenpacken. Meine Bücherkiste wurde ganz voll. Leider konnte ich den Abtransport nicht mehr miterleben. Wenn alles gut gegangen hat, ist sie morgen, wenn ich ankomme, da. Außerdem habe ich mein Teil von meinem Eßservice in einer Kiste mitgenommen. – Tante Franziska kann die beiden Zimmer einschl. Küche behalten. Oben in Tante Marias 3 kleinen Zimmerchen wohnt jetzt ein sehr nettes junges Ehepaar mit 1 Kind, die Tante Fr. alles zuliebe tun, oben alles aufgeräumt haben und auf die man sich wirklich verlassen kann. Das ist sehr beruhigend. Den jungen Ehemann, der an sich Bäckergeselle und sehr fleißig ist, jetzt aber in die „Zellwolle“ geht, weil er da mehr verdient, kennt Tante Fr. von Kind an. So ist sie sehr froh über diese Veränderung und weitere wohl sobald nicht zu befürchten. Meinhart kam am 2. Tag abends und konnte bis ¼ vor 10 bleiben, das war sehr nett. Er hat so eine nette und beruhigende Art, über Steuersachen usw zu sprechen, abgesehen davon, daß es einfach ganz besonders nett ist, ihn von seinen beiden Schulkindern erzählen zu hören.
Vor 8 Tagen kam ich um diese Zeit hier an. Die ist viel zu schnell vergangen, meistens, wie immer hier, im Liegestuhl unter der Linde, weil es überall sonst zu heiß war. Abends, wenn Schwester Maria mit ihren Gängen fertig war, gingen wir noch spazieren. In diesem Jahr fängt die Heide jetzt schon an zu blühen, sonst tut sie das meistens zu meinem Geburtstag. Morgen geht’s wieder nach Worpswede. Die Täntchen freuen sich schrecklich, ebenso meine ehemaligen Hausleute, wenn ich da auch nicht mehr wohne, da ich zu Frau I. ins neue Häuschen ziehe. Halt mir den Daumen, daß alles klappt und ich keine zu kapitalen Böcke schieße. – Ist eigentlich aus Gerhards bestandener Prüfung irgendeine Verbesserung für ihn entstanden? Oder hat sie erstmal nur theoretischen Wert?

Für heute Euch allen recht herzliche Grüße
von Deiner Küngolt.

 

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