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Brief (Transkript)

Katrin S. aus Sebnitz an Henson S. nach West-Berlin am 10.04.1989

 

Lpz, den 10.4.89

Lieber Henson!

Heute habe ich Deinen sehnsüchtig erwartenden Brief erhalten. Ich dachte schon, Du hast mich über die großen Ferien total vergessen. Schön war’s als heute endlich Dein Brief kam.
Wir hatten ja am Sonnabend ebenfalls eine Hochzeit, aber meines Bruder’s. Es war nicht sehr berauschend. Die Oma’s und Opa’s waren in Sebnitz früh 4.00 losgefahren und abends gegen 21.00 sehr müde. Da meine Mutter Donnerstag aus dem Krankenhaus entlassen wurde, ging es Ihr auch nicht gerade besonders. Sie hat eine Herzmuskelentzündung gehabt, so daß sie jetzt ständig zum Arzt muß zur Kontrolle. Sie darf auch nur noch 5 h arbeiten. Mein Vater kotzt darüber mächtig ab. Ich bin froh, daß meine Mutter den Sprung so halb aus dem Geschäft geschafft hat. Naja, dies soll nicht meine Sorge sein. Erklärung zum Telegramm: Mein Oma kann am 12.-13.4.89 nicht kommen, weil Ihr Paß abgelaufen ist. Das Erneuern des Passes dauert 4 Wochen also ist es wieder verschoben mit der Reise zu Dir. Ich schreibe Dir später mal per Telegramm eine neue Meldung, wo Du wieder aus allen Wolken fallen kannst. Die Familie schafft mich und meine Freunde ganz schön. Ein ständiges hin und her wirbelt ständig staub auf und bleiben tut nichts. Das mit Harms liegt mir zur Zeit noch total auf der Seele. Als ich Ostermontag zu Ihm kam war eigentlich alles wieder, okay. Es kam mir nur so vor, als ob er mal allein ein paar Tage verbringen will mit seinen Kumpels. Doch so richtig ist es noch nicht. Zur Zeit ist er in Nauendorf bei seiner Ex-Schwiegermutter und hütet Haus, Hof und Hund, denn Sie ist nach den Westen gefahren. So sehen wir uns erst am 14.4. wieder mal sehen wie es da ist.
Das mit Dir war kein Fremd gehen wie Du es schreibst. Es nur der 1.Versuch von Jörg loszukommen. Es hat aber nicht geklappt, weil Du viel zu weit weg warst und ich wollte auch nie dahin wo Du wohnst. Jetzt sieht es schon anders aus. Nur entscheiden konnte ich mich damals noch nicht. Ich wollte auch nicht Dich so haben wie Jörg, das währe mir total komisch gewesen. Henson, ich wollte wirklich weg von Jörg, doch ich war halt noch in seiner Umgebung Sebnitz  Dresden. Nun in Leipzig sieht dies wieder viel anders aus. Mit Harms ging halt alles viel zu schnell. Er war das erste mal frei von einer Frau und ich hab mich Ihm gleich an den Hals geworfen. Er hat sich bedrängt gefühlt und hatte Angst vor einer erneuten Niederlage. Na Du wirst Ihm ja hoffentlich nicht beipflichten. Ich möchte wirklich mit Harms zusammen sein, aber so wie es bis jetzt war, war es vielleicht auch zu Extrem gut. Wir brauchten uns nicht streiten, weil kein Grund da war. Auch wenn er manchmal zu seiner Ex-Frau ging hab ich nicht’s dagegen gehabt, aber gesagt das es mich stört hab ich schon. Als ich nach Ostern zu Ihm kam war unsere Beziehung etwas freier aber immer noch mit viel Liebe und Achtung voreinander. Vielleicht hilft uns der Abstand von den 2 Wochen wieder etwas näher zu kommen und uns nicht bloß jeden Monat 1 bis 2x zu sehen. Harms meinte auch er würde meine natürliche Naivität brauchen. Ich finde dies nicht gerade sehr schmeichelhaft.
Harms ist nicht zu seiner Ex-Frau zurückgegangen und würde es auch nicht tun. Warum? Weiß ich nicht, wahrscheinlich weil Sie ein Kind von einem anderen Mann bekommt und mit Ihm zusammen ist.
Vielleicht ist es affig von mir, daß Du nicht Harms schreiben sollst. Am besten Du entscheidest noch mal selbst darüber. Es war vielleicht auch meine erste Wut und Reaktion Dir dies zu schreiben. Weißt Du was mich jetzt immer an Deinen Briefen so fertig macht?! Du gibst mir wirklich immer eiskalte Duschen genau wie ich es wahrscheinlich mit Dir gemacht habe. Nur das schöne darin ist, ich kanns Dir nicht übel nehmen und finde es auch noch gut. Du sollst wissen, daß mit Dir war damals und ist es auch heute noch ehrlich und es war nur die Angst mal mit zu Dir (in Deine Gesellschaftsordnung) zu müssen, heute sieht es durch das Studium schon etwas anders aus.
Hoffentlich kannst Du mir irgendwann mal verzeihen. Henson, Deine Ratschläge waren gut, aber nicht ganz zutreffend für die Beziehungskiste mit Harms. Vielleicht fängt sie jetzt auch erst richtig an. Denn durch Probleme und Trennungen wachsen manchmal Menschen zusammen.
Ich möchte Deine lieben Briefe auf gar keinen Fall missen und manchmal könntest Du schon beim schreiben da sein, weil meine Gedanken meist weiter sind, als es auf dem Papier gerade erscheint. Ich bin froh Dich kennengelernt zu haben und noch Dich zu kennen. Hast Du nicht manchmal den drang bei mir zu sein? Ich habe den Drang bei Dir zu sein! Bitte nimms nicht immer körperlich sondern erstmal geistig, sonst bist Du dann gleich wieder enttäuscht.

Tschüß und Küsschen
Deine Katrin!

P.S.: Ich schicke Dir auch ein paar Bilder von meines Bruders Hochzeit.

P.S.: Das sind unsere tollen Signalstifte, geil was?!

 

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