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Brief (Transkript)

Alfred Luchs an seine Ehefrau am 22.9.1944 (3.2002.7567)

 

Freitag, 22. 9. 44

Mein Lieb.

Vom Offiziersheim kommend, sitzen wir nun in einem Lokal in der Nähe des Lagers und essen zum 2. Mal Abendbrot. Die Gemüsesuppe ohne Marken habe ich verzehrt und fülle die Zeit bis der Kartoffelsalat kommt mit Schreiben aus. Nachdem wollen wir ins Kino gehen, um mal was anderes zu sehen.
Gestern nach einem 25 klm. Marsch sind wir noch 10 klm. in die Heide gewalzt, um im kleinen Kreis unserer letzten Infanteristen gemeinsam zum Abend zu essen und paar gemütliche Stunden zu erleben. Es ist eine einfache, gediegene Wirtschaft, dort an der Straße nach Soltau. Beide Töchter des Wirtes sind mit Offz. des Lagers verheiratet bzw. verlobt, sodaß wir da sehr empfohlen sind und sehr gutes Essen bekommen. Als Suppe kräftige Fleischsuppe mit Eieinlage. Dann Kartoffeln mit Rinderbraten und fabelhafter Soße, dazu Rotkohl, als Nachtisch Grießpudding mit Himbeersoße. Um 23 Uhr gab’s Kaffee mit Kuchen. Es hat uns vortrefflich gemundet. –
Wenngleich die Kameradschaft auch nicht so persönlich verbunden ist wie in Wiener Neustadt, fühlen wir uns dennoch sehr wohl. Gewiß ist der Dienst sehr lang und auch strapaziös, so lernen wir doch sehr viel, das liegt weniger an dem Stoffgebiet und am Dienstplan, sondern an unserem Oberleutnant, der stets strahlend bemüht ist, uns möglichst sehr viel Praxis beizubringen, damit wir es nachher in der Kompanie nicht so schwer haben, denn da stehen wir ganz allein. Ja, oft genug wird nach dem Lehrplan unwirsch entgegengearbeitet. Das Gleiche gilt von den noch heimlichen Quertreibern des 20. Juli, die leider noch nicht alle gefaßt sind. Da kann man als kleiner Leutnant nicht gegen an arbeiten. Ich habe mich daher nunmehr entschlossen, zur Standarte „Feldherrnhalle“ in der Waffen SS zu melden, denn allein dort sind alle Voraussetzungen geschaffen, um den Krieg im Sinne des Führers entscheidend zu beeinflussen. Denn sieh, ich bin, genau wie Du, und viele tausend andere mit den verräterischen Handlungen und Tatenlosigkeit vieler Verantwortlicher nicht einverstanden, aber da hilft keine Rede, sondern die Tat.
Sehr vielen Menschen dauert dieser Krieg zu lange und wollen nicht mehr entbehren, glauben auch nicht, daß unsere Niederlage unser endgültiger Tod sein würde. Und schau, als Führer von Freiwilligen wie in der SS, kämpft man härter, aber auch ehrlicher wie bei Einheiten mit mehr oder weniger kampffreudigen Männern. Weißt ja, was ich tue, tue ich ganz. Ich bin nun mal nicht für Kompromisse, auch wenn der Kampf schwerer ist. Da brauchst Du nicht in Sorge zu sein, denn der Tod ist in der Heimat gleich zu finden wie im Angriff.
Aber wir müssen endlich ans Ziel, und das können wir nur, wenn jeder mehr tut als er schon muß. –
Heute brachte ich den Koffer zur Post, da ich ihn nicht gebrauche, denn wir haben Rucksäcke bekommen. Etwas Wäsche habe ich noch dahinein gegeben. In der leeren Konservendose sind noch 2 Rollen für Dieter. Beiliegender Schlüssel paßt für den Koffer. Beim heutigen Preisschießen konnte ich leider nichts erringen. Ich rate Dir dringend, für jede Person von uns 1x Wäsche und Bekleidung sowie Schuhzeug nach Bützow zu schicken. Für alle Fälle!!
Die Bezugscheine vom Handschuh noch nicht erhalten.
Recht viele Grüße Priemel.
Sofort eine lange Unterhose an Luchs Stammkompanie Kreyenbrück I. E. Batl. 16 21 Oldenburg/Old.

 

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