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Brief (Transkript)

Alfred Luchs an seine Ehefrau am 7.10.1943 (3.2002.7567)

 

7.10.43

Mein Lieb.

Endlich erhielt ich gestern zwei Briefe vom 30. 9. + 1. 10. So hoffe ich nun, daß meine Post laufend eintrifft.
Ich danke Dir bestens für Deine Zeilen und freue mich, daß Ihr, besonders Gogo, so tätig seid. Hilft doch die Arbeit über Vieles hinweg. Na, die Mitteilungen von den Lehrkräften, die Du mir schriebst, sind ja alles andere wie Vorbild, aber das ist der Frust von verantwortungslosen Leitern. Die sind nur darauf bedacht, sich in Kriegszeiten einen Vorteil zu sichern. Wenn wir Soldaten einmal heimkommen, geht der Kampf gegen diese Heinis weiter, und zwar gleich im Nahkampf.
Wenn sich ein jeder der noch wenigen Erzieher der Jugend einmal überlegen wollte, welche hohen, schönen Aufgaben ihm gestellt sind und daß er wesentlich dazu beiträgt, der folgenden Generation die geistigen und sittlichen Kräfte zu geben. Aber da denken die nicht dran, wenn sie alt sind, schimpfen sie über die Verflachung und Verrohung der Menschen, die sie selbst dahin gebracht haben.
Das sind alles Durchschnittsmenschen, ohne jedes ideelle Ziel. So wie Schiller sagt: „Die Menschheit ist der Unsinn, Vernunft ist nur bei wenigen zu finden. Der Staat muß untergehen, früh oder spät, wo Wahrheit siegt und Unvernunft entscheidet“. Ja, Jockele, so ist es, und Herdenmenschen müssen geführt werden von Aktivisten. Diese haben natürlich kein einfaches Leben, aber sie haben es noch immer geschafft.
Ich mußte auch überall, wo ich war, kämpfen gegen faule, träge Masse und habe immer gesiegt, weil die Masse kein Ziel hat, und die Kräfte versplittert. So war es in Bützow, Güstrow, Kellinghusen und beim Militär! Glaubst Du, daß sich alle Kameraden, auch die schon länger hier sind, daß ich Gruppenführer bin? Nein, im Gegenteil, zumal
dann, wenn die jungen Heinis des Nachts Wache schieben müssen und ich davon befreit bin.
Dafür habe ich die Verantwortung über die Ausbildung der Gruppe. Am meisten Spaß macht es mir mit den Jungens im Gelände, jedoch weniger beim Formaldienst, also Antreten und Gewehrübungen.
Ja, Primel, wenn ich so vor den Jungens in Uniform stehe, habe ich schon oft gedacht, wer hätte das wohl geahnt?
Ich danke Dir für die 25 Programmpunkte. Wer hat die abgeschrieben? Heinz Stafe?
Heute Abend habe ich, wie immer seitdem ich hier bin, gut gefuttert. _ Pfund Schweizer Käse, _ Liter Kaffeesahne,
1 Stück fette Karbonade u. 1 Tüte Keks. So habe ich nun die nötige Bettschwere. Ich war auch sehr runtergekommen.
Am Montag Abend haben wir Kompaniefest. Also auf ihn. Da gibt es gutes Essen und Militärmusik.
So, nun etwas für Dich. Also nicht vorlesen. . . . .
Was wir im Urlaub alles unternehmen wollen? Fürs Gelände abgesehen von kleinen Spaziergängen, besteht meinerseits kein Bedarf. Da dieser gedeckt ist.
Spaziergänge zum Mummelsee müssen zahlreicher sein, da hier wohl auf beiden Seiten (?) der Bedarf sehr groß ist. Ich habe mir des Abends schon oft gedacht, daß es besonders schön sein würde, wenn diese Einladungen recht oft, auch außer der üblichen Zeit, auch von Dir ausgingen. Wie wäre es wohl damit? Meine Phantasie war da schon recht rege. Denk auch mal darüber nach. Abends möchte ich mit Dir lesen und etwas knabbern, dazu etwas Trinkbares. Später würde ich Dich im großen Sessel auf den Schoß nehmen, beim Schein der Stehlampe unter leiser Musik etwas (?) schmusen. Wie ist das eigentlich? Ach, wenn ich daran denke, bekomme ich Frühlingsgefühle mitten im Herbst. O, o. –
Nach Möglichkeit bitte wenig arbeiten, / Gründlich Reinmachen wird mit Waffengewalt unterdrückt.
Nach dem Mittagessen trinke ich jetzt gerne eine Tasse Kaffee. Ach, weißt Du, einen kleinen Schwips haben wir noch nie gemeinsam gehabt. Also das müssen wir unbedingt nachholen.
Nun, liebes Gretel, bis dahin wollen wir recht schön träumen und uns ausmalen was wir alles so in den Tagen machen wollen, die uns geschenkt sind.
Euch, meinen Lieben, viele Grüße
von Eurem Priemel u. Vati

 

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