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Brief (Transkript)

Franz Siebeler an seine Eltern am 8.4.1941 (3.2002.1285)

 

Ungarisch-Jugoslawische Grenze, d.8.4.41.



Ihr Lieben Alle,

Herzlichen Dank für die lieben Zeilen vom 3.4. Ihr werdet Euch wundern, mich hier zu finden. Aber nach den Vorgängen in Serbien konnte ein Eingreifen unsererseits nicht lange ausbleiben. Die Fahrt hierher war sehr schön. Doch leider ist das Wetter jetzt so stark umgeschlagen, dass wir in einem Bauernhaus auf das weiter kommende warten. Die Feuertaufe habe ich hinter mir, aber das war halb so wild. Wir liegen an der Drau und das gegenüber liegende Ufer ist serbisch. Die Brücke ist in der Nacht, als wir ankamen, in die Luft geflogen. Der Fluss hat jetzt Hochwasser und ist rd. 400 m breit. Andernfalls wären wir wohl längst drüben. Unsere Geschütze sind ganz gross in Fahrt und treffen ganz prezise. Die feindl. dagegen haben noch keine grosse Wirkung gezeigt. Die Geschosse detonierten meist ziemlich weit von uns ab. Der nächste Treffer war 50 m von uns ab. Die Infantrie ist mit Flossäcken über den Fluss gesetzt und hat schon 200 Gefangene eingebracht. Die waren ziemlich vergnügt und freuten sich scheinbar, dass der Krieg für sie vorbei ist. Das Wetter ist saumässig und vom Krieg merkt man augenblicklich nicht viel. Im Moment fangen die schweren Geschütze wieder an, ihre Grüsse nach drüben zu senden. Die Serben haben sich rd. 10 km zurückgezogen, sodass man sich ungestört mal in die erste Linie wagen kann. Vorhin war ich vorn und habe mir mal den ganzen Zauber angesehen. Der Fluss und die Brücke habe ich einsehen können. Aber der Feind hat nichts von sich hören lassen. Ebenso sind wir gestern Abend mit dem Krad vorn rumgesaust und haben verteilt. Aber kein Schuss fiel. Nun sitzen wir hier in einem strohbedeckten Bauernhaus und haben eben Post erhalten. Euer Brief v. 4.4. hat also nur vier Tage bis hierher gebraucht. Das ist doch rasend schnell. Hoffentlich kommt meiner auch noch bis zum Fest daheim an. Ich bin gespannt, wo ich das Fest verlebe. Wahrscheinlich schon im Serbenland, denn ich glaube kaum, dass wir noch lange hier bleiben. Schade, dass man nur wenig Geld in Pengö hat. Zu kaufen gibt es genug, alles punktfrei. Zu essen auch. Jeden Tag esse ich rd. fünf Eier zu 6 […] das Stück. Paprika haben wir auch probiert und es brannte im Maule ganz anständig. Das ist natürlich ein Grund zum Trinken. Das Liter Rotwein kostet 40 […]. Ich habe heute schon ein Liter getrunken. Aber ohne Folgen auf die Körperhaltung! Seife, aber keine Einheitsmarke, habe ich mir auch gekauft. Das Waschen hat man nötig, denn der Dreck geht bis an die Knöchel. Aber die Zeit fehlt oft. Die Fahrt durch Österreich-Ungarn ging bei herrlichem Wetter vor sich. Ich bin ganz sonnenverbrannt. Wien ist wunderbar, leider war der Aufenthalt nur sehr kurz. Wir rauchen nur noch Liebesgabenzigaretten aus der Ostmark! Die Länder der Alpen sahen wir im herrlichen Sonnenglanz liegen. Wenn man nur Zeit zum Ansehen hätte! Aber auf jeden Fall sieht man viel Schönes in der Welt. Da fehlt mir der Fotoapparat. Vielleicht kann man bei den Serben einen requirieren. Wenn die Post immer so schnell geht, könnte ich zu Ostern die Päckchen haben. In der nächsten Zeit wird schreiben schwer fallen. Keine Angst, dier Sache wird schon schief gehen. Nun wünsche ich Euch Allen ein gesegnetes, gnadenreiches Osterfest. Grüsst alle Bekannte und seid tausendmal gegrüsst und geküsst von Eurem Franz.

 

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