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Brief (Transkript)

Paul Wortmann an seine Eltern am 25.12.1941 (3.2002.0935)

 

Weimar, Weihnachten 1941



Liebe Eltern!

Nun habe ich endlich Gelegenheit, Euch für das Paket mit Füllhalter, Wurst und anderen leckeren Sachen zu danken. Das sei hiermit geschehen
Auch von Rosel, Tante Änne und Onkel Alwin bekam ich Päckchen mit leckerem Inhalt. Am geschmackvollsten und schönsten war das von Rosel, die sich viel Mühe machte.
Doch nun zur Sache:
Am 18. war nun „unsere“ Weihnachtsfeier, das heißt der ganzen Kompanie. Anbei der Kopf von unserem Programm dieser Feier. Die Zeichnungen sind natürlich alle von mir.
Die Hauptsache war das Theaterstück, in dem ich die Leontine spielen musste, weil ich die deutlichste Aussprache habe. Die Rolle schicke ich Euch ebenfalls. (Ihr werdet nur einen Teil davon verstehen). Die Herren Offiziere haben sich schwarz geärgert. Es war also ein durchschlagender Erfolg. Auch beim Chor sang ich mit. Unsere 8-Mann-Kapelle hatte großen Beifall. Dazu gab es ein fürstliches Essen mit Fleisch en masse und Bohnensalat. Als Geschenk bekam jeder 1 Flasche serbischen Weißwein (prima, prima), 1 Würstchen und einen Teller Süßigkeiten. Ferner 5 Glas Bier. Leutnant Warminsky, unser Zugführer, trank mit mir ein volles ex. Während des Abends musste ich für Herrn Kompaniechef, er kam persönlich zu mir, ins Gästebuch des Lokals eine Zeichnung machen.
Am nächsten Morgen, nach vier Stunden Schlaf, hatten wir ein Exerzieren, das sich gewaschen hatte. Doch über das, was vorbei ist, braucht man nicht mehr zu stöhnen.
Gestern Abend ging ich mit 2 Kameraden ins Nationaltheater und hörte mir den „Wildschütz“ von Lortzing an. Wir haben samstags Ausgang bis 12 Uhr. Heute, Sonntag, bleibe ich allein zu Hause, um die Weihnachtsfeier unserer Gruppe vorzubereiten. Ich bin dabei die treibende Kraft in jeder Beziehung.
Ich hoffe, nun bald aus diesem Kaff fortzukommen. Es kam eine Anfrage nach Leuten, die hochfrequenztechnisch schon etwas gearbeitet haben (Siemens), ich bin notiert worden.
Mein Hören macht gute Fortschritte. Ich höre jetzt Tempo 100, das ist überdurchschnittlich. Im normalen Funkverkehr wird Tempo 60 – 70 gegeben.
Sobald wir zu einer Marscheinheit kommen, werden wir schwarz eingekleidet und dann dauert es nicht mehr lange. Ich schreibe Euch dann sofort. Vielleicht bekomme ich die beiden Feiertage Urlaub, aber dann nur bis 100 km. Ich werde dann nach Leipzig fahren. Urlaub ist schon eingereicht und „Hägers“ haben mich schon eingeladen. Ich freue mich, wenn mich hier in diesem verdammten Nest mal einer besuchen würde. Für Unterkunft würde ich schon sorgen. Billiger und schöner wäre es noch, wenn ich nach Hause fahren könnte, aber das ist gestrichen worden.
Rosels Kleid und Strümpfe schicke ich per Päckchen zurück. Es hat mir großartig gestanden und Heiterkeit erregt, ich musste es nur etwas enger machen.(!!!)
Ferner wieder eine kleine Bitte: Schickt mir ein paar Lappen zum Reinigen, ihr habt doch sicher noch welche, und meinen kleinen Rechenschieber.
Doch finissons! Alles Gute wünscht Euch Euer Sohn und Bruder
Paul

 

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