[...], den 8.4.45

Meine liebe gute Mutti!

Schon gestern, also nach 3 Tagen erhielt ich Deinen lieben Brief, worüber ich mich sehr gefreut habe. Dir herzlichst Danke! Ich hatte Ostern auch in stiller aber angenehmer Freude verlebt. War am 1. Feiertag beim Bauern und tauschte. Bekam Eier u. Schinken. Ich hätte Dir gerne zum Kosten gegeben, aber wie soll man es tun? Die Essenr. [?] in Berlin ist ja wirklich [...] und wenig. Musst Dir nicht allzu viel Sorgen machen, denn Fritz u. Bartel [?] werden sich auch schon etwas im Tauschhandel besorgen. Wiegt zwar wenig auf, aber immerhin etwas. Nun sind die Sachen bei uns im Keller durchweicht durch das geplatzte Rohr. Auch ein Schaden mehr. Ja, warum hatte ich damals den Zug, bevor ich nach Berlin fuhr, nach [...] nicht mehr bekommen, dann hätte ich doch so allerlei mitbringen können. Mit dem Schicken ist das jetzt schlecht, wenn Du auch eine Genehmigung hast so eine Sache, das dauert doch zu lange, bis dahin ist vielleicht alles schon abgeschnitten von Bln. Man darf darüber, wie über die Schrecken des Krieges nicht nachdenken. Aber es geht ja nicht anders, ich tue es genau so obwohl ich mich mit Gewalt ablenken will von diesen Gedanken. Ich habe in Punkto Essen schon vorgesorgt. Komme mit Wurst und Schinken mindestens einen Monat durch. Ist das nicht fein? Was meinst Du wie ich mich über meine eiserne Ration im Stillen meiner freue. Hoffentlich bleibt sie mir erhalten im Marschgepäck. Ich denken an Verlust durch Bomben oder Verwundung usw. Na, wenn es ganz schlimm kommen, dann kann man nach den Tode nicht mehr darüber nachdenken. Man zieht alles in den Bereich der Möglichkeit, besonders ich. Aber trotzdem glaube ich fast daran, daß ich [...] durchkomme und Dich auch wiedersehe. Mein Radio hat meine Freundin Maria Marecki, Alexisbad / Harz, Badehaus. Privatadresse ist: Freckleben b/ Aschersleben 19. Auch meine sonstigen Privatsachen lasse ich bei dem Mädel. Ich gebe Dir folgenden Rat von meinem Conto Geld abzuheben, damit Du im Durcheinander über Geld verfügst. Bei 1000.- oder mehr wenn Du willst. Das ist ratsam. Ich habe auch so 500.- RM bei mir. Nicht anlegen in totem Bankkapital ist mein [...]. Pass mal auf ich werde recht behalten. Wichtig ist auch die Rentenangelegenheit, die Du schon noch in Ordnung bringst. Ja auch Tante Elsa war immer so gut zu uns allen. Schön wärs, wenn Du mit ihr jetzt in der Not zusammen sein könntest.
Arno’s Pläne sind unfassbar, jedoch glaube ich daß er sie verwirklicht. Er ist ein Genie auf dem Gebiet. Nicht zuletzt durch seine Stellung bei Phillips u. seine Beziehungen dadurch. Vielleicht ist Beits [?] in Gefangenschaft, was das Beste wäre. Für die gute Erika ist das alles natürlich bitter hart, vor allem die Ungewissheit darüber. Krosch hat es am Besten. Ja überhaupt ledige, freie Menschen ohne Familienanhang haben es jetzt am Besten. Sie haben nur Sorge um sich persönlich.
Deine Raucherkarte habe ich schon abgekauft. Wenn Du Dich beeilst kannst Du mir auch Deine 74er schicken. Ich bekomme schon was damit. Vor allem dauert die Post im Augenblick nur 3 Tage. Sieh mal zu, daß Du mir sie gleich im Brief abschicken kannst.
Nun das ist so alles. Heute ist ein herrlicher Sonntag. Nachmittag wollen wir in Freude verleben. Mein Kamerad Heinz, er war mit in Gommern, hat noch 50 gr. Kaffee. Ich noch ½ Flasche von dem selbstgebrannten Likör, der prima schmeckt. Ein bischen Kuchen haben wir auch besorgt. Es soll also ein kleiner festlicher Nachmittag werden. Wer weiss, wie oft man das noch kann in dieser Ruhe. Toi, toi! Die Flieger sind auch jetzt in unserer Nähe sehr oft und man hört die Bombenwürfe. Nun man lebt eben als ob morgen schon alles aus sein könnte. Ich werde immer an Dich denken und auch beten in meiner Art, daß alles für uns gut geht. Ich grüsse Dich für heute herzlichst und alles Gute Dein treuer Sohn
Werner

PS. Grüsse u. gute Wünsche an alle Magdeburger Verwandten auch vom Heinz.
Noch bin ich in Alexisbad. Wenn am 15.4. die Nachuntersuchung ist, ist noch nicht raus ob ich dann gleich mit dem Tage wegkomme Ein paar Tage vergehen immer noch. Es sei denn die Amerikaner die schon in der Gegend Erfurt sind, kommen überraschend nach hier, dann müssen wir nach Quedlinburg, den Platz verteidigen, wie wir schon vom Kommandeur an das Kommando hörten. Na – dann los!