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Brief (Transkript)

Reinhard Barke an seine Familie am 26.07.1942 (3.2002.0375)

 

Rußland, 26.7.42

Ihr Lieben!

Heute morgen brachte mir Alois unser bayrischer Sanitäts-Gefreiter Euren lieben Brief vom 10.7. ins Zelt. Erfreulich ist es ja gerade nicht, daß Euch Holnau in gewisser Beziehung so enttäuscht hat. Ich hoffe nur, daß es Euch noch gelungen ist, in Königstein unterzukommen. Papis Freund Karsch wird wohl eher dafür sorgen können, daß Euer an der Luft entwickelter gesunder Appetit wenigstens ausreichend gestillt wird. Es tut mir direkt leid, wenn ich was Gutes zu picken habe, daß ich Euch davon nichts abgeben kann. Leider lässt sich auch nicht das geringste sammeln wie einst in Afrika.
Kann Papi für seinen Magen nicht zusätzlich durch den Arzt etwas bekommen? Oder gibt es so was garnicht mehr? Ein Glück, daß Ihr Professor Fetscher habt, von dem ich sehr viel halte. So ein Arzt, wie er es ist, möchte ich einmal werden. –
Neben mir sitzt der Oberarzt auf der aus Bombenkisten gezimmerten Bank und schreibt gleichfalls, auf dem primitiven Tisch steht – ein kleines Radio! Ja, das haben wir – weiß Gott woher – den Strom verschafft und die Leitung gelegt. So höre ich jetzt ein Mittagskonzert vom Soldatensender „Gustav“ Es ist ja Sonntag heute, wie einem gerade bewusst wird. Ich kann ihn feiern, zu tun ist nichts, zu lesen habe ich nichts. Man soll doch immer „unter[...]“ sagen, denn schon habe ich etwas zu erledigen, dann geht’s weiter! –
Oh jetzt stinkt es mir aber ganz gewaltig!! 45 Miunuten hab ich am Telefon gesessen, habe auf eine Verbindung gewartet und mir bald den Hörer in die Ohrmuschel geschoben und zum Schluß werde ich wieder getrennt. Ein Glück, daß ich den Burschen nicht hier habe, der diese Nervensäge erfunden hat! Den ganzen Tag müsste er telefonieren, mit 3 Apparaten!
Heute Abend werde ich mich trösten. Ein Italiener, mit dem ich mich angefreundet habe, hat mir etwas Rotwein und ein paar italienische Zigaretten gebracht. Dies beides werde ich heute abend zusammen mit Richard verdauen.
Daß unser Umzli gute Fortschritte macht, freut mich besonders. Es ist ja auch garnicht anders zu erwarten. Ich freue mich schon auf den nächsten Brief von ihr.
Aber genug für heute, die Telefoniererei hat mir den letzten Nerv geraubt, so daß ich zu nichts mehr fähig bin.
In alter Liebe viele herzliche Grüße Euch allen von Eurem
Reinhard.

 

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