Nach Zeitraum suchen

von 
bis 
SUCHE ZEITRAUM
Bestandskatalog PDF

Brief (Transkript)

Reinhard Barke an seine Familie am 18.04.1942 (3.2002.0375)

 

, den 18.4.42



Ihr Lieben!

Na also, da wäre er ja! Euer erster Brief, der mich in Rußland erreicht! Unser guter fleißiger Papi hat mir so ausführlich berichtet, daß ich ihm besonders danken muß. Das kann ich wohl am besten damit, in dem ich auch ein wenig berichte. Heilsfroh bin ich, daß Ihr den Umzug so gut überstanden habt. Von Umzlis Konfirmation habt Ihr nur Erfreuliches zu sagen gewußt. Nun bin ich nur noch auf Mannzels eigenen Bericht gespannt. Sie kann ja auch so schöne Briefe schreiben.
Wir sind nun endlich an Ort und Stelle! Die Fahrt von Nikolajew bis auf die Krim hat 9 Tage gedauert. Ich habe wieder viel gesehen, wir haben unglaubliche Straßen passiert, sind im Schlamm stecken geblieben, haben Schlachtfelder durchfahren wo der harte Kampf deutliche und beredte Spuren hinterlassen hat - - Wir waren jetzt auf alles gefaßt, nur nicht auf etwas Gutes. Wir sind angenehm enttäuscht worden. Hier im alten Zarenbad auf der Krim haben wir eine pfundige Behausung gefunden. Ich bin natürlich noch im Revier. Wir haben unsere „Zelte“ in einem ehemaligen kleinen Sanatorium aufgeschlagen. Wenn es auch an Möbeln fehlt, ist doch alles bestens hier!! Die Stadt kam völlig unversehrt in deutsche Hand. Doch am 5. Januar landeten ja die Russen wieder hier, und dabei ist natürlich verschiedenes in die Brüche gegangen. Gerade heute war ich auf dem Heldenfriedhof, wo die deutschen und rumänischen Soldaten liegen, die bei dieser Landung gefallen sind. Die Russen haben hier natürlich kurzerhand sämtliche Zivilisten erschossen, die von der deutschen Verwaltung beschäftigt worden waren (an die zweitausend). Aber, wie gesagt, unser Ort ist tatsächlich eine Perle. Die Leute sehen auch durchweg viel sauberer und ordentlicher aus als in Nikolajew und in der ganzen Ukraine. Die Front ist auch nicht all zu nah. Jedenfalls: der Anfang hat sich sehr gut angelassen. Allgemeines kann ich noch gar nicht berichten, ich muß mich erst mal näher mit dem Ort und den Leuten befaßen.
Die Hauptgruppe unseres Verbandes fehlt noch; nur das Vorkommando ist hier. Richard und meine ganzen anderen Kumpels sind noch unterwegs. Sie werden es besser haben als wir. Seit ein paar Tagen geht die Normalspur der Eisenbahn bis hierher. Aber dafür sehen sie dann weniger. Ich brauche nur an den Tartarengraben zu denken, der einen großen Eindruck auf mich gemacht hat. - -
Wegen meiner Gelder könnt Ihr garnichts unternehmen. Das muß ich mit meinem Rechungsführer ausmachen; der ist aber noch nicht hier eingetroffen. Ich werde aber in nächster Zeit mal etwas Wehrsold heimschicken. Wir können ja unsere Rubel beim besten Willen nicht verjubeln. Mit Schlagworten wie: „der Rubel rollt, Kaminski lacht, es schmunzeln die Banditen..“ stürzt man sich eben auf die möglichen und unmöglichen Spiele - na, und dann rollt der Rubel aber anständig. Auf der teilweise sehr eintönigen Fahrt konnte man ja auch auf die komischsten Gedanken kommen. Unser Stabsarzt ist gar aufs Rauchen verfallen. Ich muß immer lachen, wenn ich ihn mit Kußmäulchen seine Zigarre (!) schmauchen sehe. Es sieht aus wie „Wo will die Zigarre mir unserem Stabsarzt hin?“
Jetzt fange ich aber an zu träumen. Ich glaube, es ist aus mit dem Schreiben. Laßt es Euch recht gut gehen in der neuen Wohnung und seid herzlich gegrüßt und geküßt von
Eurem Reinhard

P.S. Habt Ihr alle Pakete aus Fritzlar gut erhalten? Papi’s letzten Brief aus dem Geschäft habe ich nicht mehr erhalten.

 

top