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Brief (Transkript)

Hans Stock an seine Eltern am 01.12.1943 (3.2002.1217)

 

Bei Laibach, 1.12.43



Ihr Lieben!

Wir haben Kameradschaftsabend. Ich habe kein anderes Papier als dieses Klopapier zur Hand. Es ist eine furchtbare „Stimmung“. Die Tischtücher sind mit Wein übergossen, die Jungs sind so hysterisch, dass sie sich einbilden, sie seien besoffen und benehmen sich entsprechend. Es ist ein Riesenkrach in der Kneipe. Man kann sich mit niemanden in diesem Zustand unterhalten. So hatte ich die Flucht ergriffen und bin in die Unterkunft gelaufen, wo ich meine heute gekauften Bücher las. Von da holten mich die Uffz. zurück- Ich war allerdings nicht der einzige. Jetzt habe ich mich hier etwas abseits gesetzt und nutze die Zeit mit Schreiben. Hoffentlich stört mich keiner. Alles hat den Vorsatz, sich zu besaufen und man will auch mich dazu bringen, was jedoch keinem gelingt, denn gegen das Zutrinken und gute Zureden von noch so hohen Vorgesetzten bin ich immun; die können mich alle am ... Dabei haben wir auch ganz guten Chianti. Jedoch vier Gläser genügen mir und dann bin ich stur. Was ist das für ein Haufen, in dem ich mich hier befinde. – Eben ist einer zusammengebrochen und spuckte wie ein Springbrunnen. Das trägt alles zur Erhöhung der Festfreude bei. – Es ist mir so völlig schleierhaft, was die daran finden. Eigenartige Wesen in Menschengestalt. Unter den Tischen ist es feucht vom Wein.
2.12. 42
Gestern abend wurde ich natürlich doch unterbrochen. Es ging im gleichen Stil weiter. Die Tischtücher klebten am Holz der Tische klatschnass und voll Wein gesogen. Ich war einer der wenigen, die nicht kotzten. Nachts pinkelten sie sich zum Teil auf die Köpfe. Das machte aber nicht viel, denn die Haare waren sowieso Kotze verklebt, da jeder in seinem eigenen Erbrochenen schlief. Heute war dienstfrei! Das heisst, weggehen durfte man auch nicht, aber es war kein Dienst. Ich bin erstaunt, denn wo soll diese Laschheit hinführen, so können wir den Krieg nicht gewinnen. – Morgen geht es also los. Alle Einheiten vor uns sind von Fliegern empfangen worden. Wir werden es sicher auch. Aber ich wiege mich in Sicherheit. Habt also keine Angst. Ich hab auch keine. Was dort unten jetzt gespielt wird, weiss ich nicht. In normalen Zeiten würde ich mir jetzt überlegen, was ich Wolfgang zum Geburtstag schenken solle.
Gestern gab es Sold. Ich habe ihn gleich in schöne Bücher umgesetzt, die ich eben verpackt habe und die mit gleicher Post weggehen. 2 sind an Vater. Eins mit „Romanische Glasmalerei“ . (Also aus allen Chathedralen) die Trierer Stadt und von Fritz Stahl: Paris, eine Stadt als Kunstwerk. Im zweiten: „ Gotische Bildtepische“ und „100 Fotos von Renger Paatsch. Dann ging nach Prenzlau ein kleines Päckchen mit 6 Stabbatterien. Da ich jetzt wohl eine Weile nicht zum Schreiben komme, sagt bitte Ohm Konrad meinen Dank für Brief und Zigten. Hoffentlich sind die Amerikaner nicht so wild. Für heute bis zum nächsten Mal viele Grüsse Euch allen von

Hans.

 

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