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Brief (Transkript)

Franz Rothe an seine Ehefrau am 16.11.1915 (3.2002.9102)

 

Henkenhagen, den 16.11. 1915.



Mein gutes Dickerchen!
Ich habe schon lange nicht mehr geschrieben. Wir hatten nämlich keine Zeit dazu, denn wir haben wieder Teater gespielt. Das wurde erst vorigen Mittwoch angeregt und die Sache war offiziell, das heißt in den Dörfern bekannt gemacht. Nun mußte ich den Direcktor spielen, und da hatte ich alle Hände voll zu tun. Erst für jeden was raussuchen, dann einpauken und dann mir selbst den Soldaten lernen, den konnte ich nicht in den Kopf kriegen. Am Freitag kommt nun der Herr Inspektor und und sagt, Rothe wir müssen unbedingt ein Teaterstück dabei haben. Nun habe ich mich an Freitag Mittag hingesetzt und ein Teaterstück gemacht! Es betitelt sich „im Schützengraben“. Das wurde an Sonnabendmittag fertig, und am Sonntag abend wurde es aufgeführt. Du kannst Dir ungefähr die Überstürzung denken. Für meine Sachen wurden Noten geschrieben, und habe ich noch nie so geglänzt wie an dem Tage. Wir haben 80 Mk Kasse gemacht, für das Nest hier ein Riesenerfolg. Am Schluß der Sache hielt der Herr Bürgermeister eine Ansprache, in welcher er hervorhob, das seit seinem Amtsantritt noch nie eine so gelungene Sache gemacht worden sei in Henkenhagen. Es hat aber auch alles geklappt wie bei den Stettiner Sängern. Dann sprach Insp. ein Oberlehrer (in Zivil). Er hob in seiner Ansprache hervor, wie es blos möglich sei, daß in den Leuten die doch alle viele Monate im Felde waren und wie die Löwen gekämpft haben noch so ein urwüchsiger Humor stecken kann. Dann mußte ich hervortreten und bedankte er sich bei mir für das gute Gelingen und gratulierte mich dazu. – Die 80 Mk. Kasse wurde ja allerdings aufgehoben für die Weihnachtsbescherung u. wer weiß wo wir schon zu Weihnachten sind
Wir wurden aber dafür mit Bier u. Zigarren überhäuft. Ich bin ganz krank von der Aufregung. Am nächsten Sonntag sollen wir wieder spielen im Strandschloß hier, ich habe aber drauf verzichtet, denn die Sache greift mich zu sehr an, habe seit vorige Woche 4 Pfd. abgenommen. Am Sonntag kommen die ersten weg hier, ich bin aber noch nicht dabei. Soeben war wieder der Feldwebel vom Strandschloß hier bei mir und bat mich ich soll doch die Sache bei ihm drüben übernehmen für Sontag ich werde mir die Sache noch überlegen, ich bleibe dann nähmlich noch 14 Tage hier von nächsten Sontag ab. Habe mächtige Sehnsucht nach Euch Ihr Lieben. Nun seid alle recht herzl. gegr. und gek. von Eurem Papa

 

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